Sachsens Umweltminister kündigt Offensive zur Rettung des Auwaldes an
Eine Offensive zur Revitalisierung des Nördlichen Leipziger Auwaldes haben gestern Sachsens Umweltminister Wolfram Günther (Grüne) und die Stadt Leipzig angekündigt. Als Sofortmaßnahme könnten kleine Hochwässer sofort in den Wald geleitet werden.
Leipzig. Es war ein Gipfeltreffen am Krankenbett des Patienten: Sachsens Umweltminister Wolfram Günther (Grüne), die Präsidentin des Bundesamtes für Naturschutz, Beate Jessel, Leipzigs Amtsleiter für Stadtgrün und Gewässer, Rüdiger Dittmar, und Christian Wirth vom Deutschen Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) stellten am Donnerstagnachmittag inmitten der Bäume der Burgaue ihre Pläne zur Revitalisierung des Auwaldes vor. Denn der ist zu trocken, die Wasserdynamik fehlt, die Artenvielfalt schwindet. Vorweg: Viele der Maßnahmen werden dauern, vermutlich lange. Planfeststellungen von zehn Jahren und mehr seien inzwischen Normalität, warnte Axel Bobbe von der zuständigen Talsperrenmeisterei. Wasser in Sicht: Von ihm stammte der Vorschlag zur einzigen Sofortmaßnahme für den Nördlichen Auwald: Er werde in Leipzig beantragen, bei den nächsten kleineren Hochwässern das Nahleauslasswehr an der Gustav-Esche-Straße öffnen und den dortigen Auwald fluten zu dürfen. Gleiches gelte für zwei nördlich davon gelegenen Siele. Mittelfristig werde nach zwölf Jahren Planfeststellung hoffentlich bald ein Projekt erlaubt, mit dem Wasser der Weißen Elster in den Auwald nördlich der Neuen Luppe geleitet werden könne. Möglich sei auch, den Auwald zwischen A 9 und B 186 bei kleineren Hochwässern über das Wehr in Kleinliebenau gezielt zu fluten. Langfristig könne er sich ein Wehr nahe dem Hundewasser Lützschena in der Neuen Luppe vorstellen, dass das gesamte Flussbett anhebe, nur bei Hochwasser geöffnet werde. Auwald europaweit von Bedeutung: Das offene Ohr seines Ministers ist Bobbe gewiss. Der hatte zu dem Treffen aufgerufen, die europäische Bedeutung des Auwaldes betont, die prekäre Situation beschrieben und die Dringlichkeit des gemeinsamem Handelns betont. Wie berichtet, leidet der Nördliche Auwald unter Wasserarmut seit dem Bau der Neuen Luppe als Hochwasserschutz in der 1930er-Jahren des vorigen Jahrtausends. Auwaldtypische Überschwemmungen fehlen, die Baumartenstruktur wandelt sich, Arten drohen ganz zu verschwinden. Die mehrjährige Trockenheit hat die prekäre Situation weiter verschärft und verdeutlicht nun den akuten Handlungsbedarf. „Wir wollen langfristig gesichertes Wasser im Auwald haben“, formulierte Günther das gemeinsame Ziel. Das müsse nun strategisch angegangen werden. „Lebendige Luppe“ in Planung: Einiges ist bereits in Planung – so das Vorhaben „Lebendige Luppe“, mit dem ein neuer, kleiner Flusslauf durch den Auwald geführt werden soll. Jessel vom Bundesamt für Naturschutz erklärte, ihr Amt unterstütze das Vorhaben auch finanziell seit 2012. Sie habe auch von Überlegungen gehört, die gesamte Leipziger Auenlandschaft bis nach Zwenkau als ein großes Naturschutzprojekt zu sehen und gemeinsam anzugehen. Wald in akuter Gefahr: Für Botaniker Wirth steht es fünf vor Zwölf für den Wald. Typische intakte Auwaldsegmente seien ein Leipzig bereits jetzt selten, der Wald sei nicht mehr in Balance, könne sich nicht mehr von selbst verjüngen – außer zu einem Ahornwald zu werden. Gerade Ahorne seien aber untypisch für einen Wald, bei Überflutung würden die verschwinden, bei Trockenheit stark gestresst reagieren und von der Rußrindenkrankheit getötet. In Verbindung mit absterbenden Eschen (durch das Eschentriebsterben und den sich gerade vermehrenden Eschenbastkäfer) könne es durchaus sein, dass in den nächsten Jahren „40 bis 50 Prozent der Bestockung des Waldes verschwinden“, warnte er. Lesen Sie auch: Auwald in Gefahr – schwere Störungen in Leipzigs Klimaanlage Teiche trocknen aus – Leipzig will mehr Wasser auffangen und nutzen Juwel Auwald – Stadt Leipzig muss Entwicklungskonzept vorlegen Von Jörg ter Vehn