Überraschende Begegnung: Elch spaziert über Feld bei Großpösna
Im Leipziger Neuseenland ist ein Elch unterwegs. Erstmals gesichtet und dabei sogar gefilmt wurde er am Dienstagmorgen. Aktuell rätseln Experten, woher das Tier kommt. Denn Elchkuh „Elwira“, die zuletzt in Nordsachsen gesichtet wurde, ist es nicht.
Marc Thenau wollte zunächst seinen Augen nicht trauen, als er am Dienstagmorgen gegen 7.50 Uhr zur Arbeit fuhr. „Auf der Naunhofer Straße, gleich hinter Großpösna, sah ich plötzlich etwas Großes im Feld stehen. Offenbar ein imposantes Tier, das aber nicht zu unserer Gegend passt“, berichtet er.
Kurzerhand bog der passionierte Jäger auf den parallel zur Autobahn 38 führenden Wirtschaftsweg ein, um sich die Erscheinung näher anzusehen. Schon wenige Sekunden später wurde ihm klar, was er da entdeckt hatte: „Das war eindeutig ein Elch“, ist sich Thenau sicher. Damit man ihm die ungewöhnliche Story auch glaubt, hat er sofort sein Handy gezückt und den ungewöhnlichen Gast fotografiert.
Ein Elch in Großpösna? „So tief in Sachsen vermutet man die Tiere eher selten“, zeigte sich wenig später auch Janosch Leeb überrascht. Der Sprecher des Forstbezirkes Leipzig beim Staatsbetrieb Sachsenforst konnte anhand der Fotos jedoch bestätigen, dass es sich tatsächlich um ein Exemplar der nordischen Hirschart handelt. „Sie mögen am liebsten Tundra oder Heidelandschaften in Wassernähe, Äcker dagegen eher nicht“, sagt Leeb. Deshalb gehe er davon aus, dass sich das Tier nicht lange in der Gegend aufhalten werde.
Nachdem erst im Juli ein weiblicher Elch im Landkreis Nordsachsen gesichtet wurde, lag zunächst die Vermutung nahe, dass die inzwischen unter dem Namen „Elwira“ bekannte Kuh möglicherweise weiter in Richtung Süden gewandert ist. Aber diese Erklärung kommt für die Elch-Sichtung bei Großpösna offenbar nicht infrage.
Experte: Bislang unbekannter Jungbulle
„Das ist eindeutig ein junger Bulle“, legt sich Michael Striese vom Naturschutzbüro Lutra in der Oberlausitz anhand des Bildmaterials fest. Der Experte, der Elchwanderungen speziell in Sachsen seit Jahren beobachtet und dokumentiert, staunt: „Dieses Tier hatten wir bislang noch nicht auf dem Schirm, das sehe ich zum ersten Mal.“
Striese vermutet, dass es sich um einen sogenannten „Wanderelch“ handelt. Das sind Jungtiere, die von ihrer Mutter verstoßen werden, wenn sich bei ihr neuer Nachwuchs ankündigt. „Sie bleiben dann noch eine Weile in der Nähe der Mutter, suchen sich dann aber ein neues Revier.“ Im Gegensatz zu Kühen legen die jungen Bullen dabei deutlich weitere Strecken zurück. „Dann kann es schon mal passieren, dass es ein solches Tier in den Leipziger Südraum verschlägt“, vermutet Striese.
An Erklärungsversuchen, woher der Elch nach Großpösna gekommen ist, will sich der Fachmann nicht beteiligen. „Da gibt es viele Möglichkeiten, die von Brandenburg über Polen bis nach Tschechien reichen.“ Gesichert sei lediglich, dass der junge Bulle einen gefahrvollen Weg hinter sich hat. „Ganz gleich aus welcher Richtung er ins Neuseenland kam, er musste dabei einige Autobahnen überqueren.“
Apropos Gefahren: Sowohl Janosch Leeb von Sachsenforst als auch Michael Striese betonen, dass von einer Begegnung mit einem Elch grundsätzlich kein Risiko ausgeht. Allerdings nur, wenn man gewisse Verhaltensregeln berücksichtigt. „Das ist ein Wildtier. Wenn man ihm zu nahe kommt oder es gar berühren will, gerät es in eine Stresssituation“, betont Leeb.
Begegnung ungefährlich, aber Vorsicht geboten
Michael Striese warnt: „Elche können sogar mit den Vorderbeinen ausschlagen und damit empfindliche Verletzungen zufügen.“ Sein Rat: „Wenn man einem Elch begegnet, sollte man das seltene Erlebnis aus sicherer Entfernung genießen, ein paar Fotos machen und das Tier ansonsten in Ruhe lassen.“
Teilnehmern am Straßenverkehr raten beide Experten allerdings zu besonderer Vorsicht. „Elche orientieren sich in erster Linie mit dem Gehör und wenn sie da etwas Ungewöhnliches erfassen, bleiben sie oft stehen und schauen sich um“, erklärt Striese den Ursprung der Legende, dass diese Tiere gern auf Straßen stehenbleiben. In Wahrheit passiere das selten. Trotzdem berge ein Wildunfall mit einem Elch besondere Gefahren. „Die Beine dieses Tieres sind rund einen Meter lang und nach meiner Schätzung wiegt der gesichtete Elch etwa 350 Kilogramm. Das Hauptgewicht liegt also oberhalb der Motorhaube und bedroht den Fahrgastraum“, warnt er.
Sowohl Sachsenforst als auch das Naturschutzbüro Lutra wollen nun versuchen, den Großpösnaer Elch im Auge zu behalten. Handlungsbedarf gebe es nicht, betonen Leeb und Striese unisono, aber sein Verhalten und der weitere Weg des Tieres seien von großem Interesse. Bei Sichtungen bittet das Büro für Naturschutz und landschaftsökologische Forschung um Meldung unter 035895 50383 oder per E-Mail an m.striese@lutra-striese.de
LVZ
Andreas vom Zwenkauer See
Als Antwort auf Forum Zwenkau • •Forum Zwenkau hat dies geteilt.