Zuletzt bei Zwenkau gesichtet: Wo ist Neuseenland-Elch „Melchior“?
Der am Dienstag bei Großpösna gesichtete Elch macht sich rar. Nur einmal soll er noch gesehen worden sein, in der Nähe des Zwenkauer Sees. Inzwischen hat der Bulle schon einen Namen bekommen, doch an anderen Fragen rätseln Experten noch.
Im Gegensatz zu einigen seiner Artgenossen hat der am Dienstag auf einem Feld bei Großpösna gesichtete Elch offenbar keine Ambitionen, sich als Medienstar zu empfehlen. Seit seinem Kurzauftritt auf einem Acker in der Nähe des Pösgrabens ist der Jungbulle offenbar nur noch einmal gesichtet worden.
Wie „Elch-Entdecker“ Marc Thenau gegenüber der LVZ mitteilt, kursierte am Donnerstag unter seinen Jagdkollegen im Neuseenland die Nachricht, dass das Tier in einem Waldstück bei Zwenkau gesehen wurde.
Kann „Elch“ nicht mehr hören: Entdecker nennt ihn Melchior
Weil Thenaus Telefon seit seiner Sichtung des Bullen nahezu unablässig klingelt und er das Wort „Elch“ kaum noch hören kann, hat er ihm jetzt einen Namen gegeben: „Eigentlich wollte ich ihn nach meinem Sohn nennen, aber den Elch Emil gibt es ja schon. Also nenne ich ihn Melchior, weil darin der Begriff Elch vorkommt“, begründet der Familienvater aus Fuchshain die originelle Namenswahl. Wo sich Melchior aktuell aufhält, weiß der passionierte Jäger allerdings nicht.
Auch Christoph Seifert, beim Staatsbetrieb Sachsenforst zuständig für den Forstbezirk Leipzig-Süd, hat keine weitere Meldung über eine Sichtung des Tieres erhalten. Da ein Elch-Bulle auf seinen Wanderungen schon mal bis zu 80 Kilometer pro Tag zurücklegen kann, sei nicht auszuschließen, dass er das Revier inzwischen schon verlassen hat.
Für Fachmann Michael Striese vom Naturschutzbüro Lutra ist die seltene Präsenz dieser Tiere allerdings nicht ungewöhnlich. „Elche sind Gehölzfresser, halten sich deshalb häufig in Wäldern auf. Dort sind sie hervorragend getarnt.“ Wenn der Bulle beispielsweise im Großpösnaer Oberholz oder im Harthwald stehe, könne es durchaus sein, dass Passanten nur wenige Meter entfernt vorbeilaufen, ohne ihn zu entdecken.
Das mache es auch so schwierig, das Verhalten der Tiere zu erforschen und ihre Routen zu verfolgen. „Denn neben Fährtenfunden sind wir dabei auf Meldungen der Bevölkerung über Sichtungen angewiesen“, betont Striese. Als Beispiel für die Schwierigkeit eines solchen Monitorings führt der Fachmann die 2023 bei Brandis gesichtete Elchkuh an, die später in Richtung Thüringen weitergezogen ist. „Im Raum Schleiz hat sich ihre Spur dann verloren. Wir wissen nicht, wo sie sich gerade aufhält.“
Weder die Kühe noch der Elch hätten ein Problem damit. Offenbar haben sogar heimische Wildtiere keine Berührungsängste gegenüber der großen nordischen Hirschart. Auf dem Video, das Marc Thenau am Dienstag in Großpösna von Melchior gedreht hat, sieht man im Hintergrund völlig entspannte Rehe grasen.
Alles andere als entspannt warten hingegen die Experten auf Informationen, wo Melchior das nächste Mal gesehen wird. Bei Sichtungen bittet Michael Striese vom Büro für Naturschutz und landschaftsökologische Forschung um Meldung unter 035895 50383 oder per E-Mail an m.striese@lutra-striese.de.
Experte rät: Keinen Elchtest wagen!
Weil Begegnungen mit den seltenen Tieren ebenso ungewöhnlich wie überraschend sind, rät Frank-Uwe Michler: „Wenn man ein solches Zusammentreffen aus ausreichend Entfernung genießt, ist das kein Problem. Man sollte sich dem Tier keinesfalls nähern.“ Elche würden Infrastruktur wie Siedlungen instinktiv meiden und Straßen vorzugsweise nach Einbruch der Dämmerung überqueren.
Bei Monitoring auf Hinweise aus Bevölkerung angewiesen
Monitoring, Daten sammeln und dokumentieren: Was Michael Striese in Sachsen macht, ist in Brandenburg Aufgabe von Frank-Uwe Michler. Für den Dozenten für Wildbiologie und Wildmanagement an der Hochschule Eberswalde ist der zum Medienstar avancierte Elch Bert ein Glücksfall. Seit acht Jahren lebt das Tier als einziger, fest in Deutschland niedergelassener Bulle quasi vor Michlers Haustür. Bert trägt inzwischen einen GPS-Sender und liefert lückenlos wichtige Daten, mit denen man auch auf das Verhalten des Elchbullen im Leipziger Neuseenland schließen kann.
„Es ist sehr wahrscheinlich, dass Melchior auf der Suche nach einem neuen Revier und einer Partnerin ist“, vermutet Michler. Obwohl Elche in der Regel Einzelgänger sind, suchen sie in der Zeit der Brunft instinktiv Anschluss. So schließe sich Bulle Bert in Brandenburg während dieser Zeit stets einer Rinderherde an, weil er keine Artgenossen hat.
Sollte doch mal ein Elch auf der Straße stehen, empfiehlt der Experte: „Nicht ausweichen, sondern sofort bremsen!“ Man könne nie voraussehen, wohin sich das Tier während eines auch als „Elchtest“ bezeichneten Ausweichmanövers bewegt. In der Regel ergreife es nach einem Hupsignal die Flucht und man kann die Fahrt ungehindert fortsetzen.
LVZ
Andreas vom Zwenkauer See hat dies geteilt.