friendica (DFRN) - Link zum Originalbeitrag

Der Harthkanal im Neuseenland ist erst mal vom Tisch


LMBV will sich von 790 Meter langer Wasserstraße zwischen Zwenkauer und
Cospudener See verabschieden. Vertreter der Region suchen nach alternativer Finanzierung.

Ist der Traum jetzt aus? Der Harthkanal mit einer neuen Bootsschleuse im Leipziger Neuseenland wird nach aller Wahrscheinlichkeit vorerst nicht gebaut. Statt einer touristisch attraktiven Wasserstraße soll es zwischen dem Zwenkauer und Cospudener See in Zukunft nur einen kaum sichtbaren Überlauf zum Hochwasserschutz geben.

Damit würde also keine schiffbare Gewässerverbindung zwischen dem Zwenkauer See und dem Cospudener See entstehen. Auch zwei Vorhäfen und eine geplante Schleuse, die den Höhenunterschied von 3,50 Metern zwischen beiden Seen für Boote ausgleichen sollte, hätten sich erledigt.

Bereits vor Wochen verständigten sich der Bergbausanierer LMBV und verschiedene Behörden des Freistaates Sachsen auf den Abschied vom Kanal-Projekt. Das wurde am Freitag bei einer Pressekonferenz der regionalen Steuerungsgruppe Leipziger Neuseenland bekannt. Ihr Vorsitzender und Landrat Henry Graichen (CDU) zeigte sich über die Entscheidung tief enttäuscht. „Fast alle Mitglieder der Steuerungsgruppe sind darüber sehr verärgert und haben das heute auch klar zum Ausdruck gebracht“, sagte er.

Kosten von 10 Millionen auf 150 Millionen Euro geklettert

Nahezu zeitgleich teilte das sächsische Oberbergamt mit, dass der Bauherr LMBV den touristischen Teil des Vorhabens aufgeben wird. Eine neue Wirtschaftlichkeitsuntersuchung des bundeseigenen Unternehmens habe verdeutlicht: Die vorhandenen Budgets zur Sanierung von Braunkohletagebauen reichen nicht, um die hohen Kostensteigerungen bei dem Projekt aufzufangen. Außerdem seien bislang weder im Doppelhaushalt des Freistaates Sachsen für 2023/24 noch in dessen mittelfristiger Finanzplanung bis 2027 zusätzliche Millionen vorgesehen, sagte Martin Herrmann, Abteilungsleiter für Tagebaue im Oberbergamt.

Die LMBV werde sich daher auf andere Aufgaben im Waldgebiet Neue Harth konzentrieren, zu deren Erfüllung sie rechtlich verpflichtet ist. Dabei gehe es um den Hochwasserschutz für Leipzig und um die Ableitung von Überschusswasser aus dem Zwenkauer See in den tiefer gelegenen Cospudener See. Bisher sollten alle drei Dinge durch den Bau des Harthkanals gelöst werden. Nun müsse eine andere Planung erstellt werden. Das Bundesunternehmen dränge jedoch auf Tempo, weil Sicherheitsfragen für die Bevölkerung berührt seien.

Die Arbeiten für den 790 Meter langen Harthkanal hatten 2014 mit umfangreichen Rodungen begonnen. Damals wurden die Gesamtkosten auf zehn Millionen Euro veranschlagt. Doch vor zwei Jahren stellte der Bauherr LMBV die Arbeiten ein, weil die Kosten aus dem Ruder liefen. Laut Andreas Berkner vom Regionalen Planungsverband Leipzig-Westsachsen hat die Baustelle inzwischen 35 Millionen Euro verschlungen – vor allem für die Verdichtung der nur locker aufgeschütteten Tagebaufolgelandschaft.

Für die große Lösung, bei der sogar Segelboote unter der Brücke der Autobahn 38 verkehren sollten, wären aus heutiger Sicht etwa 150 Millionen Euro nötig. Die Kosten für die wassertouristischen Teile, die nun auf der Streichliste stehen, gab Berkner mit 45 Millionen Euro an. Durch Einsparungen ließen sich Kanal und Schleuse aber vielleicht schon für 35 Millionen Euro verwirklichen, sagte er.

Trasse soll für späteren Neustart freibleiben

Neben Berkner versicherten auch Landrat Graichen, der Zwenkauer Oberbürgermeister Holger Schulz (CDU) sowie Leipzigs Umweltbürgermeister Heiko Rosenthal (Linke), die Steuerungsgruppe werde sich weiter mit aller Kraft der Region für einen zeitnahen Kanalbau einsetzen. Wenn die LMBV da abspringen sollte, müsse als Ersatz ein anderer Träger beim Land eingerichtet werden, schlug Rosenthal vor. „Das Schlimmste, was uns passieren könnte, wäre Stillstand. Denn dann sinkt die Wahrscheinlichkeit, dass der Harthkanal jemals kommt.“

Laut Graichen hat die Steuerungsgruppe einen Forderungskatalog beschlossen. Demnach müsse bei Umplanungen in jedem Fall die Trasse für den touristisch genutzten Kanal freibleiben, um später einen neuen Anlauf zu ermöglichen.

Noch hoffe die Region allerdings, eine Finanzierung für die große Lösung zu finden. Dafür solle in den nächsten Monaten geklärt werden, ob der Kanal in das Milliardenprogramm zum Braunkohleausstieg in Mitteldeutschland aufgenommen werden kann – etwa in der zweiten Förderperiode ab 2027. Die LMBV und der Freistaat hätten zugestimmt, vor weiteren Schritten das Ergebnis dieser Prüfung abzuwarten.

Andreas vom Zwenkauer See hat dies geteilt.