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Warum wollen so viele Firmen nach Zwenkau, Herr Schulz?


Eine Solarfirma und ein US-Flugzeugteilelieferant haben sich im vergangenen Jahr in Zwenkau angesiedelt. Mit welcher Unterstützung das funktioniert hat, erklärt Bürgermeister Holger Schulz – und auch, wo noch Verbesserungsbedarf besteht.

Große Firmen wie DHL, Porsche und BMW sitzen im Norden der Stadt Leipzig. Die Nähe zum Frachtflughafen und seinem Drehkreuz ist oft entscheidendes Argument für Firmen, sich im Umland anzusiedeln. In Zwenkau südlich von Leipzig haben nun C&L Aviation und die Solarfirma Opes Solar Mobility seit einigen Monaten eine Lagerhalle beziehungsweise ihren Sitz aufgemacht. Bürgermeister Holger Schulz (CDU) erklärt die Hintergründe – und wer als Nächstes zu ihnen zieht.

Wie haben die beiden Firmen ihren Weg nach Zwenkau gefunden?

Holger Schulz: Bei der Ansiedlung von Firmen spielen die Agentur „Invest Region Leipzig“ (IRL), die unser Landkreis und die Stadt Leipzig gemeinsam tragen, und auch die Wirtschaftsförderung des Landkreises Leipzig eine zentrale Rolle. Die IRL ist der zentrale Ansprechpartner, wenn sich eine Firma hier ansiedeln möchte. Zudem macht die IRL auch national und international Unternehmen ausfindig, die Expansionspläne haben, und bietet freie Gewerbeflächen in unserer Region aktiv an.

Diese Arbeit ist enorm wichtig, denn Unternehmen wie Opes oder C&L, die bundes- oder europaweit nach einem neuen Standort suchen, können unmöglich den Kontakt zu jeder einzelnen Stadt suchen. Und wir als Kommune wiederum könnten allein gar nicht die Kraft entfalten, uns national oder international zu präsentieren. Deshalb sind die Kräfte an dieser Stelle für Leipzig und den Landkreis gebündelt.

Welche Rolle kommt der Stadt zu?

Wir kommen ins Spiel, wenn konkrete Immobilien und Flächen ausfindig gemacht werden müssen und begleiten die Ansiedlung als lokaler Ansprechpartner.

Was bietet Zwenkau als Standort?

Entscheidend für die Firmen sind Aspekte wie eine gute Verkehrsinfrastruktur, damit Lieferverkehre zuverlässig laufen können. Innerhalb weniger Minuten ist man auf der A72 oder der A38. Oder die Frage, ob die Unternehmen hier Fachkräfte finden können, die sie für den erfolgreichen Unternehmensaufbau benötigen werden, oder ob Mitarbeitende vor Ort ausreichend Wohnraum, Kinderbetreuung und dergleichen finden können.

Hier hat Zwenkau in den vergangenen Jahren seine Hausaufgaben gemacht. Davon profitieren wir jetzt. Mit dem Bau unserer neuen Kita und weiterem Wohnraum sorgen wir dafür, dass wir die guten Bedingungen halten und ausbauen können.

Der Geschäftsführer des US-Unternehmens C&L erwähnte die herausfordernde Bürokratie. Wie können Sie hier unterstützen?

Wie schnell anfallende Genehmigungen und Anmeldungen erledigt sein können, ist wichtig für die Firmen. Das ist nichts, was allein in unserer Hand als Kommune liegt, aber wir stehen ihnen bei Fragen zur Seite und vermitteln an die zuständigen Stellen.

Hier muss man ehrlicherweise sagen, dass die Prozesse in Deutschland in den letzten Jahren immer komplexer und langwieriger geworden sind. Das ist keine gute Entwicklung. Unternehmen sollten erwarten können, dass es schnell und unbürokratisch geht.

Welche finanziellen Vorteile hat die Stadt davon?

Jeder Euro, den die Stadt Zwenkau aus der Gewerbesteuer einnimmt, ist wichtig für den kommunalen Haushalt. Es ist kein Geheimnis, dass sämtliche Kommunen in Deutschland in einer sehr misslichen, nie dagewesenen finanziellen Lage sind, weil mehr und mehr Aufgaben lokal übernommen werden müssen, Bund und Land dafür aber nicht die notwendigen Mittel zur Verfügung stellen.

Wenn Unternehmen dann noch dauerhaft mit Lieferengpässen, Absatzrückgängen und explodierenden Kosten konfrontiert sind und ihre Engagements in Deutschland zurückfahren, weil sie das Vertrauen in unseren Markt verloren haben, dann sinken die für die kommunale Finanzierung so wichtigen Steuereinnahmen.

Deshalb ist die Stärkung unserer Wirtschaft vor Ort ein zentraler Anker in unserer Stadtentwicklung. Jedes Unternehmen, das weiterhin auf unsere Region baut oder sich hier ansiedelt, ist für uns wertvoll.

Teils kritisierten die Firmen die mäßig ausgebaute ÖPNV-Anbindung Zwenkaus. Besucher und Mitarbeitende müssten abgeholt oder mit dem Taxi vom Böhlener S-Bahnhof kommen. Was kann hier verbessert werden?

Die Kritik kann ich absolut nachvollziehen, ich bin mit der ÖPNV-Anbindung unserer Stadt auch nicht zufrieden. Die Direktverbindung nach Leipzig per Bahn wurde uns durch den Tagebau genommen, die heute bestehenden Busverbindungen können das nicht adäquat ersetzen. Was gut ist: Wir haben über den Bahnanschluss im Ortsteil Großdalzig immerhin stündliche Verbindungen nach Leipzig und Thüringen sowie zweistündliche Verbindungen nach Bayern.

Dennoch bleibt die „letzte Meile“ bis zu den Gewerbegebieten offen. Hier Abhilfe zu schaffen, ist komplex und langwierig. Denn zur Wahrheit gehört auch, dass die bestehenden ÖPNV-Angebote nicht annähernd ausgelastet sind und damit jede Forderung nach zusätzlichen Angeboten bei den Behörden verhallt. Dennoch werden wir nicht müde, das Thema zu adressieren. Eine Lösung ist jedoch bisher leider nicht in Sicht.

Erwarten Sie weitere Ansiedlungen in nächster Zeit?

Ja. Im Gewerbegebiet „Zum Wasserwerk“ errichtet der Technikdienstleister Xervon EMR in den nächsten Monaten ein neues Firmengebäude und wird nach Zwenkau umsiedeln. Das Potenzial an verfügbaren Gewerbeflächen ist nahezu erschöpft, sodass wir aktuell auch Anfragen ablehnen müssen. Deshalb planen wir das neue Gewerbegebiet an der S71, weil die Nachfrage nach Gewerbeflächen im Speckgürtel von Leipzig weiterhin hoch ist.

Ebenso wichtig wie neue Ansiedlungen ist für uns aber auch, die bereits in Zwenkau ansässigen Firmen gut zu begleiten. Wir haben schon heute viele tolle Unternehmen in Zwenkau, die zuverlässige Arbeitgeber sind, vor Ort ihre Steuern zahlen und sich für die Gesellschaft engagieren. Auch diese Firmen brauchen Raum zur Entwicklung, um im härter werdenden Wettbewerb erfolgreich bestehen zu können.

Andreas vom Zwenkauer See hat dies geteilt.