Beliebtes Eiscafé Zwenkau schließt: Inhaberin sucht Käufer fürs Lokal und die geheimen Rezepte
Das Zwenkauer Eiscafé ist für Ausflügler eine beliebte Adresse, denn das hausgemachte Eis ist viel gelobt. Am 3. November wird es zum vorerst letzten Mal verkauft, Fans hoffen auf Rettung des Kultladens. Doch es gibt Hoffnung für das Geschmackserlebnis.
Schoko, Vanille, Erdbeer, Stracciatella – die Lieblingssorten der Stammkundschaft im Eiscafé Zwenkau – und viele andere begehrte Sorten gibt es am kommenden Wochenende zum letzten Mal. Inhaberin Cornelia Berthold geht nach drei Jahrzehnten in den Ruhestand. Am Samstag, 2. November, und am Sonntag, 3. November, verkauft sie jeweils ab 13.30 Uhr die letzten Hörnchen, Muscheln und Becher mit ihrem hausgemachten Eis – bis die Behälter leer sind.
Anschließend steht ein langer Urlaub an. Am 29. November öffnen sich die Türen zum letzten Punschkontor. Bis zum 22. Dezember locken Dienstag bis Sonntag zwischen 14 und 19 Uhr Glühwein und weihnachtliches Backwerk. Dann ist endgültig Schluss.
„Dreißig Jahre sind genug“, findet die gelernte Konditorin, die sich mit dem Meistertitel in der Tasche 1995 ihren Traum erfüllte und sich selbständig gemacht hat. „Das hatte ich schon immer im Kopf. Als sich die Gelegenheit bot, das Geschäftshaus in der Leipziger Straße 9 zu erwerben, habe ich das mit meinem Mann Gerald besprochen und bin zur Bank gegangen“, erzählt sie. Die machte den benötigten Kredit locker. Mit den ersten zwölf selbst hergestellten Eissorten und Kuchen hat sie am 3. August 1995 eröffnet.
„Ganz ohne Werbung und Brimborium, still und leise, so wollte ich auch gehen“, sagt sie. Eigentlich sei es ihr gar nicht recht, dass darüber noch ein Artikel in der Zeitung erscheint. „Ich habe doch nur meinen Job gemacht“, sagt sie ganz unprätentiös. „Aber mit viel Herzblut“, fügt sie hinzu. „Und da es 30 Jahre ohne Crash gut funktioniert hat, habe ich wohl nicht viel verkehrt gemacht.“ Alleine hätte sie das nicht geschafft und legt großen Wert darauf, sich bei allen Wegbegleitern zu bedanken – „bei meiner Family, bei allen Freunden, die mich immer unterstützt haben, bei Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen sowie bei unseren Saisonkräften.“
Eis für jeden Geschmack vom Stift bis zur Oma
Bis zu 45 verschiedene Geschmacksrichtungen hatte sie schon im Sortiment. 60 Pfennig kosteten damals die ersten Kugeln, jetzt gibt es sie ab 1,40 Euro und damit im Vergleich sehr günstig. Ricotta und Cookie mit Himbeer-Keksteig und Schokolade gehen nach wie vor bestens, ebenso Zimt- und Mohn-Apfel. Kinder lieben Engel-Blau und Waldmeister. Im Sommer hatte Cornelia Berthold schon Pampelmuse im Sortiment, zu Ostern Möhren-Eis.
„Es lag mir immer am Herzen, etwas für alle Geschmäcker anzubieten, für die Oma genauso wie für die Stifte im Kinderstuhl“, betont sie. Auch Barrierefreiheit war ihr wichtig, ganz ohne Gesetzesdruck. Am Anfang kam ihre Kundschaft aus Zwenkau, ab und an mal einer aus Grimma oder Markranstädt. Mit der Eröffnung des Zwenkauer Sees strömen die Touristen von weither zum Kap und legen gerne bei ihr eine Pause ein.
Bei Sonnenschein stehen die Schleckermäuler Schlange, von Dienstag bis Sonntag. Nur montags ist „wegen kreativer Pause“, so steht es auf einem Aushang, geschlossen. Einer ihrer Stammgäste kommt seit vielen Jahren mit seinem Lastenrad und seiner Vizsla-Hündin Hailey, die sich gerne mal chauffieren lässt, regelmäßig vorbei. „Das Eis ist sensationell und die Chefin umwerfend toll“, schwärmt Lorenz Ismer von der „perfekten Pause auf meiner 43 Kilometer-Runde von Leipzig aus um den Cospudener und den Zwenkauer See“. Ebenso regelmäßig postet er bei Facebook Bilder von seinen Stopps mit Hund und Eis vor dem Café.
Was weder er noch Cornelia Berthold bisher wussten: Der Facebook-Mutterkonzern Meta hat aufgrund der regelmäßigen Veröffentlichungen eine „inoffizielle Seite“ zum Eiscafé Zwenkau erstellt. „Zurzeit erreichen mich tatsächlich viele private Nachrichten von Menschen, die sich eine Rettung des Kultladens wünschen“, erzählt der Leipziger.
Cornelia Berthold hat ihre Rezepturen verfeinert
Nach 30 Jahren hat Cornelia Berthold als Chefin mitten im Geschehen jetzt die Weichen Richtung Ruhestand gestellt. Das Haus mit Eiscafé und ihrer Wohnung darüber steht zum Verkauf. Mitsamt der jahrzehntelang erprobten geheimen Rezepturen, die sie selbst über die Zeit immer weiter verfeinert hat und die der Hauptgrund sind, weshalb das Eiscafé Zwenkau weit über die Stadtgrenzen bekannt und beliebt ist. Es besteht also Hoffnung, dass das Geschmackserlebnis erhalten bleibt. Die Inhaberin wünscht sich, dass sich jemand findet, der das Geschäft mit den Lizenzen für den Freisitz und der Straßenbestuhlung weiterführt.
Was sie genau weiß: wie sich ihr weiteres Leben gestaltet. Sie zieht mit ihrem Mann in den Norden von Leipzig, um Landleben und Ruhe zu genießen. „Manche glauben es nicht, aber ich kann gut mit Stille umgehen“, verrät die resolute Geschäftsfrau, die wahrlich nicht auf den Mund gefallen ist, schmunzelnd. Alle zwei Jahre habe sie zur Entspannung jeweils fünf Tage im „Haus der Stille“ in Grumbach verbracht. Und langweilig werde es ihr ganz sicher nicht werden.
Sie habe im neuen Domizil mit großem Grundstück in den nächsten Jahren reichlich zu tun. „Mein Mann hat zwei grüne Daumen, ich leider nicht. Also muss ich bei ihm in die Lehre gehen. Da bleibt mir viel Raum zur Selbstverwirklichung“, erzählt sie. Auch Reisen stehen auf der Wunschliste des Ehepaares – nicht in die Ferne, sondern zu schönen Zielen, die sie in Deutschland noch nicht besucht haben. Und zu Zeiten, an denen nicht zu viele Touristen unterwegs sind.