Impfpflicht in Heimen und Kliniken: Was sagen Betreiber im Landkreis Leipzig?
Pfleger sind am Limit – und jetzt kommt auch noch die Impfpflicht. Was sagen Betreiber von Pflegeheimen und Kliniken im Landkreis Leipzig zur Situation? Wie hoch sind die Impfquoten in den Einrichtungen und was steckt hinter der Angst vor Abwanderung?
In Krankenhäusern und Pflegeheimen soll eine Impfpflicht für Mitarbeiter kommen. Der Bundestag wird voraussichtlich am Freitag die gesetzliche Grundlage dafür schaffen. Laut bisherigem Entwurf soll die Impfpflicht ab 15. März kommenden Jahres für Beschäftigte in Kliniken, Pflege- und Rehaeinrichtungen, aber auch für Mitarbeiter von Rettungsdiensten sowie Arzt- und Zahnarztpraxen gelten. Was sagen betroffene Betreiber im Landkreis Leipzig? Diakonie hat Impfungen immer aktiv unterstützt: „Wir wissen aus eigener Erfahrung, wie schlimm ein Corona-Ausbruch in einem Altenpflegeheim ist und tun deshalb alles, um die uns Anvertrauten zu schützen“, erklärt Harald Bieling, Geschäftsführer der Diakonie Leipziger Land, die zahlreiche Pflegeeinrichtungen in der Region betreibt. Die Impfung von Bewohnerinnen und Bewohnern sowie Beschäftigten habe man immer aktiv unterstützt und gefördert. „So haben wir in der Zeit, als Impftermine noch schwer zu erhalten waren, mit Unterstützung unseres Betriebsarztes allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ein Impfangebot gemacht, das gut genutzt wurde.“ Das Motto der Diakonie laute: „Respekt vor der persönlichen Entscheidung des Einzelnen bei gleichzeitiger Unterstützung der Impfwilligen.“ Denn beides, so Bieling, schließe einander nicht aus. Wie viele Mitarbeiter in den Heimen in Borna, Grimma, Naunhof oder Regis-Breitingen geimpft sind, dazu macht der Geschäftsführer auf Nachfrage keine detaillierten Angaben. Bieling sieht Gefahr der Abwanderung von Pflegekräften: Sollte die derzeit diskutierte Impfpflicht tatsächlich umgesetzt werden, fürchtet die Diakonie allerdings, dass noch mehr Beschäftigte der Pflege den Rücken kehren. Bieling sieht durchaus die Gefahr einer Abwanderung von Pflegekräften. Damit würde sich die ohnehin schon sehr angespannte Personalsituation noch weiter verschärfen. „Wir haben die Sorge, dass hilfs- und pflegebedürftige oder behinderte Menschen künftig nicht mehr umfassend versorgt werden können.“ Das Personal in den Einrichtungen der Diakonie Leipziger Land habe seit Beginn der Pandemie fast schon Übermenschliches geleistet. Als Arbeitgeber tue man alles dafür, Mitarbeiter zu halten. Es gebe eine überdurchschnittliche Vergütung nach dem Tarif der Diakonie Sachsen, viele Sozialleistungen und weitere Formen der Anerkennung. „Gesamtgesellschaftlich gesehen“, bedauert Bieling, „lässt die Wertschätzung dieses so wichtigen Berufs, die sich nicht in Klatschen auf dem Balkon erschöpfen sollte, allerdings oft noch zu wünschen übrig.“ Grimmaer Caritas-Heimleiter befürwortet Impfpflicht für alle Mitarbeiter: Auch andere Heimbetreiber verfolgen aufmerksam die Debatten um die berufsbezogene Impfpflicht. Thomas Klomhuß leitet das Caritas-Altenpflegeheim „Claudine Thévenet“ mit dem Stadthaus in Grimma und dem Landhaus in Seelingstädt. Auch in dieser Einrichtung gab es im Verlauf der Pandemie bereits einen größeren Corona-Ausbruch. Knapp 40 Bewohner und Mitarbeiter waren im Herbst vorigen Jahres positiv auf das Corona-Virus getestet worden. Klomhuß befürwortet eine Impfpflicht in der Pflege. „Die Mitarbeiter arbeiten in einem besonders sensiblen vulnerablen Bereich und haben damit eine besondere Verantwortung für unsere Bewohner.“ Die Pflicht müsse seiner Meinung nach auch im gesamten Haus gelten. „Das schließt den Einrichtungsleiter, die Küchenservicekraft, Reinigung und auch den Hausmeister mit ein.“ 70 Prozent der Mitarbeiter im „Claudine Thévenet“ bislang geimpft: Nach Angaben des Heimleiters sind im „Claudine Thévenet“ derzeit etwa 70 Prozent der Beschäftigten vollständig gegen Covid-19 geimpft. Die Impfquote unter den Bewohnern sei höher und liege bei etwa 85 Prozent. Um den Anteil der geimpften Mitarbeiter zu steigern, habe man durch verschiedene Angebote versucht Überzeugungsarbeit leisten, schildert Thomas Klomhuß. „Flächendeckend wird uns das aber nicht gelingen, da ja auch die Gesellschaft schon sehr gespalten ist.“ Inzwischen hält der Caritas-Verantwortliche einen sanften Druck für unausweichlich. „Die Zeit der Argumente und Bitten ist meiner Meinung nach abgelaufen. Ein Blick in die Kliniken und die derzeitige Versorgungsnotlage beunruhigt mich sehr. Ich persönlich wäre für pauschal zwei Tage Zusatzurlaub für jeden, der sich impfen lässt beziehungsweise bereits geimpft wurde.“ Dass ihm eine Impfpflicht Mitarbeiter abspenstig macht, fürchtet der Heimleiter hingegen nicht. „Ich bin mir fast sicher, dass kein Mitarbeiter in diesem Fall kündigen wird. Wir machen alle unseren Job viel zu gern.“ Inhaberin des Ambulanten Pflegedienstes Holzhäuser lehnt Impflicht ab: Simone Holzhäuser leitet einen ambulanten Pflegedienst in Naunhof mit rund 65 Mitarbeitern. Sie würde sich nicht als Impfgegnerin bezeichnen, lehnt eine Impfpflicht für die Beschäftigten aber ab. „Ich sehe die Impfpflicht sehr kritisch, mit einem Beigeschmack von Entmündigung und plädiere für ein klares Nein.“ Die Sicherheit für alle sei viel höher bei 1G – wenn also alle – auch Geimpfte und Genesene - regelmäßig getestet würden, so die Inhaberin des gleichnamigen Pflegedienstes. Sie handhabt das so. Vor Schichtbeginn würden alle Mitarbeiter getestet, egal ob sie geimpft sind oder nicht. Für Personal, dass sich nicht impfen lassen möchte, bringt die Chefin Verständnis auf: „Jeder Mensch hat das Recht auf Entscheidungsfreiheit und auf Unversehrtheit seines Körpers. Aus diesem Grunde soll jeder Mensch für sich selbst entscheiden dürfen, ob er sich impfen lassen möchte oder nicht.“ Pflegekräfte seien selbstbestimmte, erwachsene und mündige Menschen, „die nach bestem Wissen und Gewissen, unter erschwerten Bedingungen, ihrem Job nachgehen. Sich ununterbrochen an alle hygienischen Auflagen halten und diese auch akribisch umsetzen“, erklärt Simone Holzhäuser. Zwang habe immer einen negativen Beigeschmack und erzeuge nicht selten eine Art Abwehrverhalten. Angebracht wäre in ihren Augen vielmehr ein Umdenken auf politischer Ebene. „Der Berufszweig braucht endlich die Einführung einer neuen Pflegepersonalverordnung, bessere Arbeitsbedingungen, eine komplette Umstrukturierung des Gesundheitssystems. Dazu gehören: angepasste Arbeitslöhne, familienfreundliche Arbeitszeiten.“ Die Angst vor Abwanderung treibt auch Simone Holzhäuser um. Ja, auch sie habe die Befürchtung, dass es zu Kündigungen kommen könne. Hohe Impfquote bei Mitarbeitern der Sana-Kliniken Leipziger Land: Als einen Baustein, Patienten und Mitarbeiter besser zu schützen, sieht hingegen Dr. Roland Bantle, Geschäftsführer der Sana-Kliniken Leipziger Land, die angedachte Impfpflicht. „Bereits heute haben wir eine sehr hohe und weit überdurchschnittliche Impfquote bei unseren Mitarbeitern, die patientennah arbeiten.“ Neben einer transparenten Aufklärung habe man den Beschäftigten von Beginn an kurze Wege zur Impfung ermöglicht. „Unser Impfteam stand dazu auch am Wochenende zur Verfügung. Konzernweit finden zur Zeit Booster-Impfungen statt, für die wir intern werben und die sehr gut angenommen werden.“ Zum Standard gehören zudem regelmäßige Tests. „Eine allgemeine Impfpflicht für patientennahe Tätigkeiten halten wir für sinnvoll“, unterstreicht Bantle. „Als Klinik ist es uns ein Anliegen, das Unsere dafür zu tun, die Pandemie zu bewältigen. Dafür bieten wir neben den Mitarbeiterimpfungen auch Impfungen für die Bevölkerung an unseren Standorten in Borna und Zwenkau an.“ Denn das Schließen der Impflücke und das Auffrischen der Impfung, so der Geschäftsführer, sei einer der wichtigsten Schritte raus aus der Pandemie. Von Simone Prenzel
In Krankenhäusern und Pflegeheimen soll eine Impfpflicht für Mitarbeiter kommen. Der Bundestag wird voraussichtlich am Freitag die gesetzliche Grundlage dafür schaffen. Laut bisherigem Entwurf soll die Impfpflicht ab 15. März kommenden Jahres für Beschäftigte in Kliniken, Pflege- und Rehaeinrichtungen, aber auch für Mitarbeiter von Rettungsdiensten sowie Arzt- und Zahnarztpraxen gelten. Was sagen betroffene Betreiber im Landkreis Leipzig? Diakonie hat Impfungen immer aktiv unterstützt: „Wir wissen aus eigener Erfahrung, wie schlimm ein Corona-Ausbruch in einem Altenpflegeheim ist und tun deshalb alles, um die uns Anvertrauten zu schützen“, erklärt Harald Bieling, Geschäftsführer der Diakonie Leipziger Land, die zahlreiche Pflegeeinrichtungen in der Region betreibt. Die Impfung von Bewohnerinnen und Bewohnern sowie Beschäftigten habe man immer aktiv unterstützt und gefördert. „So haben wir in der Zeit, als Impftermine noch schwer zu erhalten waren, mit Unterstützung unseres Betriebsarztes allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ein Impfangebot gemacht, das gut genutzt wurde.“ Das Motto der Diakonie laute: „Respekt vor der persönlichen Entscheidung des Einzelnen bei gleichzeitiger Unterstützung der Impfwilligen.“ Denn beides, so Bieling, schließe einander nicht aus. Wie viele Mitarbeiter in den Heimen in Borna, Grimma, Naunhof oder Regis-Breitingen geimpft sind, dazu macht der Geschäftsführer auf Nachfrage keine detaillierten Angaben. Bieling sieht Gefahr der Abwanderung von Pflegekräften: Sollte die derzeit diskutierte Impfpflicht tatsächlich umgesetzt werden, fürchtet die Diakonie allerdings, dass noch mehr Beschäftigte der Pflege den Rücken kehren. Bieling sieht durchaus die Gefahr einer Abwanderung von Pflegekräften. Damit würde sich die ohnehin schon sehr angespannte Personalsituation noch weiter verschärfen. „Wir haben die Sorge, dass hilfs- und pflegebedürftige oder behinderte Menschen künftig nicht mehr umfassend versorgt werden können.“ Das Personal in den Einrichtungen der Diakonie Leipziger Land habe seit Beginn der Pandemie fast schon Übermenschliches geleistet. Als Arbeitgeber tue man alles dafür, Mitarbeiter zu halten. Es gebe eine überdurchschnittliche Vergütung nach dem Tarif der Diakonie Sachsen, viele Sozialleistungen und weitere Formen der Anerkennung. „Gesamtgesellschaftlich gesehen“, bedauert Bieling, „lässt die Wertschätzung dieses so wichtigen Berufs, die sich nicht in Klatschen auf dem Balkon erschöpfen sollte, allerdings oft noch zu wünschen übrig.“ Grimmaer Caritas-Heimleiter befürwortet Impfpflicht für alle Mitarbeiter: Auch andere Heimbetreiber verfolgen aufmerksam die Debatten um die berufsbezogene Impfpflicht. Thomas Klomhuß leitet das Caritas-Altenpflegeheim „Claudine Thévenet“ mit dem Stadthaus in Grimma und dem Landhaus in Seelingstädt. Auch in dieser Einrichtung gab es im Verlauf der Pandemie bereits einen größeren Corona-Ausbruch. Knapp 40 Bewohner und Mitarbeiter waren im Herbst vorigen Jahres positiv auf das Corona-Virus getestet worden. Klomhuß befürwortet eine Impfpflicht in der Pflege. „Die Mitarbeiter arbeiten in einem besonders sensiblen vulnerablen Bereich und haben damit eine besondere Verantwortung für unsere Bewohner.“ Die Pflicht müsse seiner Meinung nach auch im gesamten Haus gelten. „Das schließt den Einrichtungsleiter, die Küchenservicekraft, Reinigung und auch den Hausmeister mit ein.“ 70 Prozent der Mitarbeiter im „Claudine Thévenet“ bislang geimpft: Nach Angaben des Heimleiters sind im „Claudine Thévenet“ derzeit etwa 70 Prozent der Beschäftigten vollständig gegen Covid-19 geimpft. Die Impfquote unter den Bewohnern sei höher und liege bei etwa 85 Prozent. Um den Anteil der geimpften Mitarbeiter zu steigern, habe man durch verschiedene Angebote versucht Überzeugungsarbeit leisten, schildert Thomas Klomhuß. „Flächendeckend wird uns das aber nicht gelingen, da ja auch die Gesellschaft schon sehr gespalten ist.“ Inzwischen hält der Caritas-Verantwortliche einen sanften Druck für unausweichlich. „Die Zeit der Argumente und Bitten ist meiner Meinung nach abgelaufen. Ein Blick in die Kliniken und die derzeitige Versorgungsnotlage beunruhigt mich sehr. Ich persönlich wäre für pauschal zwei Tage Zusatzurlaub für jeden, der sich impfen lässt beziehungsweise bereits geimpft wurde.“ Dass ihm eine Impfpflicht Mitarbeiter abspenstig macht, fürchtet der Heimleiter hingegen nicht. „Ich bin mir fast sicher, dass kein Mitarbeiter in diesem Fall kündigen wird. Wir machen alle unseren Job viel zu gern.“ Inhaberin des Ambulanten Pflegedienstes Holzhäuser lehnt Impflicht ab: Simone Holzhäuser leitet einen ambulanten Pflegedienst in Naunhof mit rund 65 Mitarbeitern. Sie würde sich nicht als Impfgegnerin bezeichnen, lehnt eine Impfpflicht für die Beschäftigten aber ab. „Ich sehe die Impfpflicht sehr kritisch, mit einem Beigeschmack von Entmündigung und plädiere für ein klares Nein.“ Die Sicherheit für alle sei viel höher bei 1G – wenn also alle – auch Geimpfte und Genesene - regelmäßig getestet würden, so die Inhaberin des gleichnamigen Pflegedienstes. Sie handhabt das so. Vor Schichtbeginn würden alle Mitarbeiter getestet, egal ob sie geimpft sind oder nicht. Für Personal, dass sich nicht impfen lassen möchte, bringt die Chefin Verständnis auf: „Jeder Mensch hat das Recht auf Entscheidungsfreiheit und auf Unversehrtheit seines Körpers. Aus diesem Grunde soll jeder Mensch für sich selbst entscheiden dürfen, ob er sich impfen lassen möchte oder nicht.“ Pflegekräfte seien selbstbestimmte, erwachsene und mündige Menschen, „die nach bestem Wissen und Gewissen, unter erschwerten Bedingungen, ihrem Job nachgehen. Sich ununterbrochen an alle hygienischen Auflagen halten und diese auch akribisch umsetzen“, erklärt Simone Holzhäuser. Zwang habe immer einen negativen Beigeschmack und erzeuge nicht selten eine Art Abwehrverhalten. Angebracht wäre in ihren Augen vielmehr ein Umdenken auf politischer Ebene. „Der Berufszweig braucht endlich die Einführung einer neuen Pflegepersonalverordnung, bessere Arbeitsbedingungen, eine komplette Umstrukturierung des Gesundheitssystems. Dazu gehören: angepasste Arbeitslöhne, familienfreundliche Arbeitszeiten.“ Die Angst vor Abwanderung treibt auch Simone Holzhäuser um. Ja, auch sie habe die Befürchtung, dass es zu Kündigungen kommen könne. Hohe Impfquote bei Mitarbeitern der Sana-Kliniken Leipziger Land: Als einen Baustein, Patienten und Mitarbeiter besser zu schützen, sieht hingegen Dr. Roland Bantle, Geschäftsführer der Sana-Kliniken Leipziger Land, die angedachte Impfpflicht. „Bereits heute haben wir eine sehr hohe und weit überdurchschnittliche Impfquote bei unseren Mitarbeitern, die patientennah arbeiten.“ Neben einer transparenten Aufklärung habe man den Beschäftigten von Beginn an kurze Wege zur Impfung ermöglicht. „Unser Impfteam stand dazu auch am Wochenende zur Verfügung. Konzernweit finden zur Zeit Booster-Impfungen statt, für die wir intern werben und die sehr gut angenommen werden.“ Zum Standard gehören zudem regelmäßige Tests. „Eine allgemeine Impfpflicht für patientennahe Tätigkeiten halten wir für sinnvoll“, unterstreicht Bantle. „Als Klinik ist es uns ein Anliegen, das Unsere dafür zu tun, die Pandemie zu bewältigen. Dafür bieten wir neben den Mitarbeiterimpfungen auch Impfungen für die Bevölkerung an unseren Standorten in Borna und Zwenkau an.“ Denn das Schließen der Impflücke und das Auffrischen der Impfung, so der Geschäftsführer, sei einer der wichtigsten Schritte raus aus der Pandemie. Von Simone Prenzel