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Forstbezirk Leipzig hat ein Herz für riesige geschützte Wiese


Ein 9,5 Hektar großes Biotop mitten im ehemaligen Tagebaugelände nahe Zwenkau droht zuzuwachsen und seine Artenvielfalt zu verlieren. Das will der Forstbezirk Leipzig verhindern, hat ein Entwicklungskonzept für die Wiese erarbeitet.
Wald können die Experten vom Sachsenforst. Allein auf über 100 Hektar bauen sie in diesem Frühjahr im Forstbezirk Leipzig die von Dürre und Schädlingen geplagten Waldbestände um, pflanzen etwa im Oberholz gut vier Hektar neu. In Zwenkau wollen sie auf der Kippe Böhlen jetzt aber auch eine Wiese erhalten. Warum? Heimat der Raubwürger: „Es geht um die Artenvielfalt“, sagt Andreas Padberg. Der Leiter des Forstbezirks Leipzig hat für den Erhalt der 9,5 Hektar großen mageren Frischwiese – so der Name des Biotoptyps – eigens einen Forstreferendar dazu forschen lassen. Im Vorjahr hat Benjamin Moldenhauer seine Studie verfasst, dafür die dort vorkommenden Pflanzenarten, die Vogelwelt und die Insekten erforscht. Ergebnis, kurz gefasst: Die geschützte Wiese ist Heimat von 47 Pflanzenarten, einer reichen Vogelwelt mit einigen Rote-Liste-Arten wie Raubwürgern, Pirolen und sogar Feldlerchen – und jede Menge Zweiflügler, Hautflügler, Springschnecken, Webspinnen, Käfer, Libellen und Schmetterlinge tummeln sich dort auch noch. Laut Naturschutzgesetz dürfe es zu keiner erheblichen Beeinträchtigung der Wiese kommen, klärt Moldenhauer auch über die Gesetzeslage auf. Gleichwohl müsse die Wiese bewirtschaftet werden, sonst wachse sie zu. Nur wie? Weißdorn breitet sich aus: „Aktuell sind 90 Prozent des Wiesenrandes mit Weißdorn bewachsen“, erzählt Förster Carsten Pitsch. Das extrem widerstandsfähige Buschwerk verdränge alles, auch das Wild gehe nicht an die Büsche. Dornenbüsche müssten auch bleiben, damit Neuntöter oder Raubwürger ihre Beute auf den Stacheln aufspießen können, erklärt Padberg. Aber die Arbeit des Referendars, der auch verschiedene Arten der Bewirtschaftung geprüft hatte, schlage vor, den Anteil von Weißdorn deutlich zu reduzieren, schrittweise andere Straucharten wie Hartriegel, Liguster, Kreuzdorn, Hasel und ähnliche Sorten zu pflanzen, zudem kleinere Bäume wie Holzapfel, Holzbirne, Mehlbeere, Vogelkirsche und Eberesche. Eine Chance auch für andere: Die eigentliche Wiese soll mit einem ausgeklügelten Mahdsystem reihum jährlich zu zehn Prozent umgefräst werden, um den Weißdorn aufzuhalten, auch anderen Arten ein Hochkommen zu ermöglichen. Neun Prozent der Fläche sollen zudem ganz aus der Nutzung genommen werden. Außerdem zu beachten: Wegen der Brutzeit der Feldlerche bleiben nur zwei Wochen gegen Ende Juli im Jahr Zeit für die Mahd. Das Schnittgut soll dann auch auf der Wiese trocknen, damit eine gewisse Samenmenge vor Ort bleibt für neues Grün. Falls nötig, könne im September ein zweiter Schnitt erfolgen, so der Referendar. Wald ist nicht gleich Wald. Den Rändern – innen wie außen – kommt beim Artenschutz eine besondere Bedeutung zu. „Ein reich strukturireter Waldrand, wo sich auf engstem Raum Licht- und Wärmeverhältnisse ändern, bietet zahlreichen Tier- und Pflanzenarten Lebensraum“, sagt Andreas Padberg. Im Forstbezirk wurden daher allein seit 2017 mehr als 50 000 Sträucher aus 37 Arten und 13 500 Bäume zweiter Ordnung gepflanzt. Im Rahmen der Erstaufforstung wurden in zwölf Jahren 38 neue Waldrandobjekte mit einer Gesamtlänge von 27 Kilometern gestaltet. Bei einer Durchschnittsbreite von 20 Metern entstanden so 54 Hektar neue Waldränder. Padberg folgt der Forschungsarbeit. „Die Wiese ist Teil unseres regionalen Naturschutzkonzeptes“, sagt er. Seine Leute pflanzen seit einigen Tagen die neuen Sträucher, ab 2024 soll ein neuer Pachtvertrag mit präzisen Auflagen gelten. Der Forstbezirk verfügt auf der sogenannten Kippe Böhlen, ehemaligem Tagebauland mit inhomogenem Boden, über 133 Hektar Fläche. „Zwölf Prozent davon sind Waldränder und Sträucher, die für die Artenvielfalt genau so wichtig sind wie der Wald dahinter“, so Pitsch. Von Jörg ter Vehn