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Zwenkauer Harthweide – Bauherren atmen auf


Im Streit um den Bebauungsplan zum Wohngebiet Harthweide hat der Zwenkauer Stadtrat jetzt für die „Heilung“ der beanstandeten Mängel votiert. Sehr zur Freude der Bauherren.
Die Mammutsitzung des Zwenkauer Stadtrats am Donnerstag begann mit einem Eklat. Vor voll besetzten Zuschauerreihen in der Turnhalle des Schulzentrums Pestalozzistraße verließen drei Vertreter der Freien Wählergemeinschaft „Gemeinsam für Zwenkau“ (FW) aus Protest den Saal. Der Nachholtermin für die ausgefallene Oktober-Sitzung sei nicht mit ihnen abgestimmt worden, monierte Vorsitzender Uwe Penz. So verpasste das Trio das positive Votum der Volksvertreter zum Dauerbrenner-Thema Bebauungsplan Harthweide. Sitzung war wegen Krankheit verschoben worden: „Ich hätte den Vorsitz übernehmen können“, schimpfte Heike Oehlert, mit Kämmerin Antje Bendrien stellvertretende Bürgermeisterin. Als Dritter im Bunde packte Andreas Olbricht zusammen. Hintergrund: Die für den 21. Oktober geplante Versammlung war laut Bürgermeister Holger Schulz (CDU) aus „verwaltungstechnischen Gründen“ abgesagt worden. Eine Corona-Infektion hatte ihn trotz zweimaliger Impfung ausgebremst, weitere Amtsleiter und der Sitzungsdienst waren anderweitig erkrankt oder im Urlaub. „Das habe ich mit den vier Fraktionen CDU, SPD, Freie Wähler und Linke abgesprochen“, so Schulz. Den neuen Termin habe er wegen der Eilbedürftigkeit einberufen. Dies sei laut Sächsischer Gemeindeordnung sein Recht, bestätigte Haupt- und Ordnungsamtsleiter Dirk Schewitzer. In der Halle blieben Norman Braunschweig und Diana Anders, die tapfer die Belange der FW verteidigten. Gericht bremste Grundstückseigner aus: Um die 60 Bürgerinnen und Bürger verfolgten den weiteren Verlauf der Beratungen – die meisten von ihnen Grundstückseigentümer im neuen Wohngebiet am Zwenkauer See, die im Sommer vom Urteil des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts (OVG) ausgebremst worden waren. Die Bautzner Richter hatten den B-Plan nach der Klage von Anwohner und Rechtsanwalt Falk Illing für unwirksam erklärt. Illing hatte unter anderem den Natur- und Artenschutz, den freien Zugang und die Sicht auf den See, das Gefälle und die Standsicherheit der Böschung beanstandet. Die Stadt Zwenkau habe den vorgesehenen Ausgleich für die Eingriffe in Natur und Landschaft „nicht hinreichend gesichert“, hieß es im Urteil. Stadt und Firma bearbeiten alle monierten Mängel: Das sei im Sinne der sogenannten Heilung inzwischen passiert, führte Bauamtsleiter Christian Haendel aus. Die Pflege der neu festgelegten Ausgleichsflächen durch den Projektentwickler Sächsisches Seebad Zwenkau GmbH (SSZ) wurde in einem Nachtrag zum städtebaulichen Vertrag festgelegt, ebenso deren Kontinuität im Falle einer Insolvenz der SSZ. Vorkehrungen für Menschen mit unterschiedlichen Einschränkungen wurden noch einmal unter die Lupe genommen, die Standsicherheit der Seeböschung belegt. Der Bebauungsplan (B-Plan) Harthweide wird im Juli 2021 vom Sächsischen Oberverwaltungsgericht (OVG) in Bautzen für unwirksam erklärt. Betroffen sind 95 Bauvorhaben. 58 Grundstückseigentümer haben zu diesem Zeitpunkt bereits eine Baugenehmigung erhalten, 37 Eigner noch keine Bauanfrage gestellt. Im August 2021 bekommt die Stadtverwaltung die schriftliche Urteilsbegründung und entscheidet sich gegen eine Berufung. Zwenkau bereitet stattdessen im Sinne eines „Heilungsprozesses“ den Nachtrag zum städtebaulichen Vertrag mit dem Projektbetreiber Sächsisches Seebad Zwenkau GmbH (SSZ) vor. Am 4. November 2021 stimmt der Zwenkauer Stadtrat der sogenannten Heilung des 2019 beschlossenen B-Plans zu. Nach der Genehmigung durch das Landratsamt und der Veröffentlichung ist er wieder rechtswirksam. Die durch das Normenkontrollverfahren bisher angefallenen Kosten für die Stadt Zwenkau belaufen sich auf rund 80.000 Euro. Bei zwei Enthaltungen durch die beiden verbliebenen Vertreter der Freien Wähler gab der Stadtrat ein positives Votum zum B-Plan ab. Dafür gab es rauschenden Applaus von den Rängen. Vorbehaltlich der Zustimmung des Bauaufsichtsamtes im Landkreis Leipzig und der Veröffentlichung im Dezember-Amtsblatt bekommt der B-Plan noch in diesem Jahr wieder Rechtsgültigkeit. „Uns allen fällt ein Stein vom Herzen“: „Natürlich freuen wir uns für die Bauherren über das wichtige und richtige politische Signal“, sagte SSZ-Geschäftsführer Benedikt Kahlstadt zum Votum der Ratsdamen und Ratsherren. Es bleibe wohl das Restrisiko eines weiteren rechtlichen Vorgehens des Klägers, so unwahrscheinlich dessen Erfolg auch sei. „Uns allen fällt ein Stein vom Herzen“, kommentierte Thomas Günther die Entscheidung. „Für uns stand viel auf dem Spiel. Einige haben durch die existenzbedrohenden Aufschübe bereits viel Geld verloren“, erläuterte der Sprecher einer Reihe von Bauherren, darunter viele junge Familien. Freie Wähler bekommen ihr Fett weg: Unverständnis zeigte Günther für das Verhalten der Freien Wähler. „Da lässt sich eine gewählte Partei durch Einzelinteressen instrumentalisieren. Die Verzögerungen unter dem Vorwand, Rechtssicherheit schaffen zu wollen und dann noch die Sitzung zu verlassen, sind für uns nicht nachvollziehbar“, machte er seinem Ärger Luft. Es gehe auch um das Wohl der Stadt. Die Kommune habe schließlich die Fehler zu verantworten und müsse bei einer Klage des Entwicklungsträgers oder der Bauherren möglicherweise tief in die Tasche greifen. Von Gislinde Redepenning