Schnelle Sanierung der verseuchten Böden in Böhlen unmöglich
Mit einer Pressemitteilung hat Sachsens Umweltministerium auf kritische Berichte der LVZ und des MDR reagiert. Das durch über Jahrzehnte von ausgelaufenen Treibstoffen verseuchte Grundwasser in Böhlen könne nicht in absehbarer Zeit gereinigt werden, hieß es.
Böhlen. Kritische LVZ- und MDR- „Exakt"-Berichte über eine drohende Umwelt-Katastrophe in Böhlen (Kreis Leipzig) haben das sächsische Umweltministerium aufgeschreckt. „Wegen der Größe der Grundwasserschäden und wegen des noch vorhandenen Potenzials des Bodens, weitere Schadstoffe in das Grundwasser freizusetzen, ist eine kurzfristige Sanierung nicht zu erwarten", teilte das Ministerium gestern mit – und bestätigte damit die Medienberichte im Grundsatz.
„Das Ausmaß der Belastungen einerseits und die Durchführung der Sanierungs- und Sicherungsmaßnahmen bei laufender Produktion andererseits machen deutlich, dass es sich hier um einen sehr komplexen, schwierigen und umfangreichen Altlastenfall handelt", hieß es.
Konkret geht es um eine Industrie-Hinterlassenschaft, die als größte Altlast Sachsens gilt. In Boden und Grund-wasser befinden sich giftige Mineralöl-Kohlenwasserstoffe, verursacht durch die jahrzehntelange Herstellung von Kraftstoffen, Energie und Chemieprodukten sowie die Zerstörung vieler Anlagen im Zweiten Weltkrieg. Schätzungen gehen von 4000 Tonnen aus. Aktuelle Laboranalysen ergaben, dass das hoch entzündliche Gemisch wegen seines Benzol-Anteils Krebs hervorrufen kann.
LVZ und MDR „Exakt" berichteten, dass die Sanierung dieser Altlast zu langsam erfolgt. Dazu stellte das Ministerium nun fest: „Eine vollständige Beseitigung der Schadstoffe aus dem Boden und dem Grundwasser ist schlicht weder finanzierbar noch leistbar, die Forderung danach ist unverhältnismäßig." In einem Seitenhieb merkte der Sprecher an: „Die Annahme, bei Bodenaushub im Zuge von Baumaßnahmen (auf dem Vattenfall-Gelände – Anm. d. Red.) würde der darunter liegende Bereich bis hin zum Erdmittelpunkt mitsaniert, ist naiv." Agrarflächen seien bislang nicht verseucht worden: „Landwirte nutzen oberflächennahe Bodenschichten. Das kontaminierte Grundwasser befindet sich deutlich unterhalb." Auch für Anwohner bestehe keine Gefahr, hieß es aus Dresden, da die Trinkwasser-Versorgung aufwendig abgesichert werde.
Aber: Wie dramatisch die Lage werden kann, hatte der damalige Landrat Gerhard Gey (CDU) schon vor zwei Jahren dem anwesenden Umweltminister Frank Kupfer (CDU) mit auf den Weg gegeben. „Man muss sich eingestehen, dass das Schadstoffpotenzial sowie die Belastung des Grundwassers derart hoch und weit ausgebreitet sind, dass eine vollständige Dekontaminierung aus Gründen der Verhältnismäßigkeit ausscheidet", machte Gey klar. Wichtig sei, „zunächst die Kontrolle über den Schaden zu gewinnen".
Deshalb wird versucht, den Tagebau Peres – und den geplanten See – durch einen Drainage-Sperrriegel zu schützen. „Die Anlage läuft erfolgreich", so das Ministerium.
Gleichzeitig wird in den Hauptschadherden auf dem Werksgelände hoch belastetes Grundwasser gehoben und gereinigt. Der Grünen-Landtagsabgeordnete Wolfram Günther hielt dagegen: „Wir wissen, dass seit 2009 Pläne vorliegen, das Ausmaß einzudämmen – das passiert offensichtlich nicht." Gutachten besagen, dass trotz Sanierungsmaßnahmen bereits 366.000 Kubikmeter Grundwasser verseucht sind.