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Mit 96 Jahren noch lange nicht angekommen


Der Maler und Grafiker Gottfried Leonhardt präsentiert in der Zwenkauer Lehmhaus-Galerie einen Querschnitt seines Schaffens
VON ULRIKE WITT

Zwenkau. „Ich bin künstlerisch immer noch auf der Suche." Das sagt der Maler und Grafiker Gottfried Leonhardt. Ein Satz, der beeindruckt, der von erstaunlicher Unrast und Lebenslust zeugt. Immerhin – der Mann ist 96 Jahre.
In der Lehmhaus-Galerie wurde am Samstagabend seine neue Ausstellung eröffnet. Leider ohne den Künstler. Ihm sei die Fahrt zu beschwerlich, ließ der Leipziger über Galeristin Catherine Scholz ausrichten. „Arioso" ist die Schau überschrieben, zu der 40 kleinformatige Aquarelle, Grafiken und Collagen gehören. Es sei ein Querschnitt aus den vergangenen 20 arbeitsreichen Jahren, erklärte Scholz. Sie verstand es, den Künstler mit ihrer Laudatio nahezubringen, geriet bei der Beschreibung seiner Werke ins Schwärmen.

„Man sieht den Himmel, läuft geradezu in den Wald hinein, riecht die Natur. Es macht Lust auf einen Spaziergang", begründete die Galeristin die Wahl der „Birken", einem Aquarell, als Ausstellungsmotiv. Wertschätzung gegenüber den Worten empfinde sie bei Leonhardts Grafik-Sprüchen. Das Bild sei filigran, der Text – oft Bibelzitate – schnörkellos und dadurch so eindringlich. Dies gelinge dem Künstler auch bei der Illustration der heiter-besinnlichen und gesellschaftspolitisch fast erschreckend aktuellen Gedichte von Eugen Roth. „Die Vielfalt seiner Ausdrucksmöglichkeiten ist faszinierend", meinte Scholz.

Geboren wurde Leonhardt 1919 in Johanngeorgenstadt. Anfang der Fünfziger besuchte er die Mal- und Zeichenschule Zwickau, studierte danach an der Fachschule für Angewandte Kunst in Berlin. Mitte der Sechziger, damals arbeitete er als Zeitschriften- und Buchgestalter beim Fachbuchverlag in Leipzig, folgte ein Studium an der Hochschule für Grafik und Buchkunst, Fachrichtung Typografie. Von 1975 bis 1990 war Leonhardt künstlerischer Leiter im Deutschen Verlag für Grundstoffindustrie. Der breiten Öffentlichkeit bekannt wurde er als Illustrator von Kinderbüchern wie „Familie Star" und „Opa Paul", die in mehreren Sprachen verlegt wurden.

„Er kann so wunderbar Stimmungen einfangen", sagte Marianne Rech am Samstag. Die 80-Jährige kennt Leonhardt von der gemeinsamen Arbeit im Fachbuchverlag. Sie hätten immer Kontakt gehalten, seien befreundet. „Sein grafisches Werk ist beeindruckend, aber auch die Illustrationen von Grimms Märchen und die Naturbücher über seine erzgebirgische Heimat gefallen mir", so Rech.

Unter den Gästen war auch der Grafiker Holger Hammitzsch. „Er hat mir Gottfried Leonhardt vermittelt", berichtete Scholz. Ihr Fachwerkhaus hat sich zur Kontaktbörse entwickelt. Davon könnte auch Fabian Eitner profitieren. Der Gymnasiast eröffnete die Vernissage stimmungsvoll auf der Gitarre und kam ganz schnell mit Claus Carell, über 30 Jahre Gitarrenlehrer und immer wieder bei Ausstellungen in der Lehmhaus-Galerie zu sehen, ins Gespräch.

Die Schau „Arioso" ist bis 19. März donnerstags bis samstags jeweils von 14 bis 18 Uhr sowie nach Vereinbarung unter Telefon 034203 32588 geöffnet.

LVZ v.22.02.2016