friendica (DFRN) - Link zum Originalbeitrag

Glückliche Bienen machen den Frühling hörbar


Imker Helmut Schroth aus Zwenkau sorgt sich um Artenvielfalt und beobachtet dramatisches Insekten-Sterben
Von Rainer Küster

ZWENKAU. Der Frühling kommt, die Sonne scheint und erste Blüten treiben. Das Erwachen der Natur kann man sogar hören. Aber die Geräusche werden von Jahr zu Jahr leiser. Während Berichte über das Bienensterben für Aufsehen sorgen, nimmt die Zahl der Bienenvölker nicht nur in der Region seit Jahren stetig zu. Was also ist dran am Szenario, dass der Mensch bald mit Pinseln durch die Felder zieht und Pflanzen per Hand bestäubt?

In Rüssen-Kleinstorkwitz geht Helmut Schroth seit 36 Jahren dem Hobby der Imkerei nach. Das Wort des Vorsitzenden des Imkervereins Groitzsch und Umgebung hat Gewicht unter den Imkern in der Region. Deshalb mag es den Laien verblüffen, wenn er vom Experten hört: „Den Begriff Bienensterben mag ich überhaupt nicht. Wenn überhaupt, dann sollten wir vom Insekten-Sterben reden.“

Es sei nicht zu ignorieren, dass Bienen mit der von Menschen veränderten Umwelt ein großes Problem haben. Viele Tiere sterben aus diesem Grund. Doch im Gegensatz zu anderen Insekten haben die Bienenvölker in ihrem Imker eine Art Beschützer. Er kann ihnen helfen, wenn er Krankheiten feststellt. Wenn ein Volk stirbt, kann er einen neuen Stock aufbauen. Wild lebende Insekten haben diese Vorteile nicht, wohl aber die gleichen Probleme. Deshalb zieht es Schroth vor, vom Insekten-Sterben zu sprechen. Dessen Ausmaße seien übrigens weitaus dramatischer, als man es bei der Betrachtung nur einer Art feststellen könne. „Wenn ich vor ein paar Jahren an einem Rapsfeld vorbeigefahren bin, konnte ich hinterher die Windschutzscheibe freikratzen. Heute muss ich dazu oft nicht mal mehr die Scheibenwaschanlage einschalten“, sagt er.

Schroths Grundstück liegt mit Teich und Blumenwiese idyllisch am Dorfrand. Es klingt fast melancholisch, wenn er wie zu sich selbst sagt: „Ich will hier nur naturnah imkern, mit glücklichen Bienen.“

Garanten für gesunde Bestände und gute Erträge gibt es allerdings nicht. „Es ist mitunter erstaunlich, welche Unterschiede es in den Erträgen zwischen Zwenkau und Pegau oder Markkleeberg gibt“, stellt der Imker fest. Er selbst hat zur Zeit zwölf Völker. Ein Viertel seines Bienen-Bestandes hat den Winter nicht überlebt. Das sei viel, meint der Bauingenieur. Im Winter zuvor beliefen sich die Verluste auf lediglich 16 Prozent. Beide Werte lägen in einem vertretbaren Bereich.

Rund 46 Kilogramm Honig pro Volk hat Schroth 2017 geerntet. Es war ein durchschnittliches Jahr, wenngleich deutschlandweit rekordverdächtige 26 000 Tonnen auf die Waage kamen. Aber er imkert nicht nur des Honigs wegen. Ihm geht es um die Natur, die sich der Eingriffe des Menschen kaum noch erwehren kann. Auch deshalb reiht er sich nicht in die Masse jener Kritiker ein, die den Schwarzen Peter für das Insekten-Sterben allein der Landwirtschaft zuschieben wollen. „Ein guter Imker sollte immer mit dem Landwirt im Gespräch sein“, ist Schroth überzeugt. Auf diese Weise könne man oftmals ausgleichende Lösungen finden.

So glaube er nicht, dass allein ein Verbot von Glyphosat spürbare Auswirkungen auf die Bienenbestände hätte. Wenn beispielsweise der Zeitpunkt der Ausbringung von Pflanzenschutzmitteln gemeinsam mit dem Landwirt abgesprochen werde, könne der Imker seine Bienen effektiver schützen.

Dank Helmut Schroth und der vielen anderen Imker in der Region sind die Bienen-Bestände rund um Zwenkau noch nicht gefährdet. Mit dem Summen der Bienen wird das Erwachen der Natur vorerst hörbar bleiben.

LVZ v.14.04.2018