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Baugebiet „Harthweide“ am Zwenkauer See verzögert sich noch mehr


Nun ist es offiziell: Der Bebauungsplan für das Zwenkauer Baugebiet „Harthweide“ wurde vom OVG für ungültig erklärt. Den betroffenen Familien droht ein weiterer Bauverzug von drei Monaten – vielleicht auch länger. Die Stadt will die Beanstandung des Gerichts „heilen“. Der Kläger will aber noch mehr Nachbesserungen. Die Details.
Jetzt werden in Zwenkau die Karten für das Baugebiet „Harthweide“ neu gemischt: 70 Grundstückseigentümer – darunter der größte Teil junge Familien, von denen viele bereits mit dem Bau von Eigenheimen begonnen haben – müssen zittern, weil der Streit um den Bebauungsplan weiter tobt. Die Stadt Zwenkau will die Vorgaben des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts (OVG) umsetzen – dem Kläger-Anwalt reicht das nicht. Naturschutz „nicht hinreichend gesichert“: Das Gericht teilte am Dienstag schriftlich mit, warum der Bebauungsplan „Harthweide“ ungültig ist. Die Stadt Zwenkau habe den vorgesehenen Ausgleich für die Eingriffe in Natur und Landschaft „nicht hinreichend gesichert“, heißt es im Urteil. „Ob wir Rechtsmittel einlegen, möchte ich noch nicht sagen“, erklärte Zwenkaus Bürgermeister Holger Schulz (CDU) am Dienstag auf LVZ-Anfrage. Das Zwenkauer Rathaus setzt darauf, dass sich die Beanstandung im Urteil „heilen“ lässt. „Das Urteil bedeutet nicht, dass der Bebauungsplan bis zum Sankt Nimmerleinstag nicht in Kraft treten kann“, betonte Bürgermeister Schulz. „Wir setzen jetzt ein Begleitverfahren in Gang. Das ist kein Hexenwerk.“ Dafür werde allerdings auch ein neuer Satzungsbeschluss erforderlich, eine Genehmigung durch die übergeordneten Behörden und eine erneute öffentliche Bekanntmachung. „Das dauert etwa ein Vierteljahr“, so Schulz „Ich bin darüber nicht amüsiert und die Bauherren auch nicht.“ Kläger wollen weitgehende Veränderungen: Dies sieht Klägeranwalt Falk Illing ähnlich. „Das alles hätte nicht sein müssen, wenn die Stadt kompromissbereiter gewesen wäre“, betonte er am Dienstag. Die Fehler im Bebauungsplan seien bereits seit 2016 angegriffen worden, das Papier sei dennoch im Zwenkauer Stadtrat „durchgeprügelt“ worden. So habe der alte Stadtrat den Plan 2019 ganz kurz vor der Kommunalwahl beschlossen, die in Zwenkau andere Mehrheitsverhältnisse brachte. Rechtsanwalt Illing hält es für falsch, dass die Stadt Zwenkau nur den im Urteil angeführten Mangel beseitigt. In Fällen wie diesen würden Gerichte immer nur einen Punkt herausgreifen, mit dem zügig entschieden werden kann, sagt er. Die Stadt sollte deshalb auch alle anderen Punkte heilen, die in seiner Klage beanstandet werden. „Das Allgemeingut See wird privatisiert“: Der Anwalt betont auch, dass es in Zwenkau viele Vorbehalte gegen den Plan gebe. Dies liege daran, dass die Seenutzung beeinträchtigt werde. So gebe es künftig keinen durchgehenden Uferweg mehr. Und weil ein Wirtschaftsweg nicht öffentlich gewidmet wurde, hätten Zwenkauer keinen rechtlichen Anspruch, dort durch zu laufen. „Deshalb ist die Freude über das Urteil bei vielen Leuten groß. Sie haben jahrelang an einem Tagebau mit Dreck und Staub gelebt und erleben jetzt, wie alles privatisiert wird.“ Ein Allgemeingut wie der See werde „auf Lücke bebaut und was mit der Allgemeinheit passiert, fragt niemand“. Kommentar zum Bebauungsplan-Streit: Augen zu und durch Deshalb soll inzwischen laut Illing auch der Zwenkauer Stadtrat gespalten sein: Da die CDU bei der letzten Wahl ihre absolute Mehrheit verloren hat und die starken Freien Wähler das Baugebiet kritisch begleiten, sei es durchaus denkbar, dass sich bei der wieder notwendigen Ratsabstimmung keine Mehrheit mehr für den Bebauungsplan finde. „Im Prinzip hängt alles an der Stimme der SPD und der Linken im Stadtrat“, glaubt Illing. „Selbst in der CDU gibt es Kritik.“ „Kein politisches Ränkespiel initiieren“: Dies sieht Benedikt Kahlstadt anders. „Maßgeblich ist, was das Gericht beanstandet hat“, meint der Geschäftsführer der Sächsischen Seebad Zwenkau GmbH, die das Baugebiet entwickelt. „Dieser Punkt muss jetzt bearbeitet werden. Alles andere ist Spekulation.“ Auch der beanstandete Wirtschaftsweg werde weiter für die Öffentlichkeit zur Nutzung bereitstehen. Und die öffentliche Stimmung in der 10.000-Einwohner-Stadt sei anders, als vom Klägeranwalt geschildert. Kahlstadt warnt auch davor, „ein politisches Ränkespiel“ zu initiieren. Es gehe um ein „verwaltungsrechtliches Verfahren“, betont er. Die betroffenen Bauherren sprechen von einem „Riesen-Schock“ und einem „Trauerspiel“. „Die bisherigen Verzögerungen von eineinhalb Jahren haben uns schon weit über 100.000 Euro Mehrkosten beschert“, schildert Bauherr Thomas Günther den Stand seines Projekts. „Vor allem für Baupreissteigerungen und Kreditkosten. Und jetzt wird es noch teurer, vielleicht springen uns sogar Gewerke ab, wenn es zu einem längeren Stillstand kommt.“ Weil Günthers Kinder schon in Zwenkau in die Kita und in die Schule gehen, fährt er jeden Tag zweimal von Leipzig nach Zwenkau. „Das sind am Tag hundert Kilometer“, rechnet er vor. 21 Familien hätten mit dem Bauen begonnen, acht bis neun Rohbauten seien fast fertig. „Für einige Familie ist die Entwicklung inzwischen existenzbedrohend.“ „Wir sind ganz normale Leute“: Auch bei den Günthers begann der Bau bereits. „Es gab ja einen gültigen Bebauungsplan“, schildert der Familienvater. „Hätten wir noch länger gewartet, hätten wir noch viel mehr Kosten gehabt. Und wir hätten den Fertigstellungstermin nicht einhalten können. Damit hätten wir eine Rückabwicklung unseres Vertrages riskiert.“ Der Kläger-Rechtsanwalt spiele mit Familien und gefährde Existenzen, meint er. „Es wird immer gesagt, ,das sind die Reichen am See’. Aber wir sind ganz normale Leute, die arbeiten.“ Von Andreas Tappert

Andreas vom Zwenkauer See hat dies geteilt.