Zoff im Revier: Regiser Bürgermeister hadert mit seinen Amtskollegen


Nachdem vier Bürgermeister mehr Beachtung für das Kohle-Kernrevier im Landkreis Leipzig eingefordert haben, beklagt sich ein fünfter. Warum Jörg Zetzsche in Regis-Breitingen jetzt sauer ist.
Der Bürgermeister von Regis-Breitingen, Jörg Zetzsche (Freie Wähler), ist sauer, weil er sich von seinen Amtskollegen übergangen fühlt. Anlass ist der Vorstoß von Neukieritzsch, Böhlen, Groitzsch und Zwenkau in Sachen Kohleausstieg und Strukturwandel. Die vier Bürgermeister hatten im November eine Kooperation zur Bewältigung der absehbaren Folgen des Strukturwandels vereinbart mit dem Ziel, eine Entwicklungsgesellschaft zu gründen. In einem Gespräch mit der Leipziger Volkszeitung erklärten Thomas Hellriegel (Neukieritzsch), Maik Kunze (Groitzsch), Holger Schulz (Zwenkau, alle CDU) und Dietmar Berndt (Böhlen, parteilos) jetzt, warum sie ihre Kommunen im Rahmen des Kohleausstieges als Kernrevier sehen und bei der Bereitstellung von Fördermitteln auch so wahrgenommen werden wollen. Zetzsche wundert sich darüber, dass die Stadt Regis-Breitingen, die mit ihrem Territorium im Norden den noch aktiven Braunkohletagebau „Vereinigtes Schleenhain“ berührt, nicht mit ins Boot geholt wurde. Zetzsche: Ich kenne die Probleme: „Ich verstehe die Beweggründe meiner Amtskollegen, sich zu einer Strukturentwicklungsgesellschaft zusammenzuschließen“, sagt Zetzsche nach den jüngsten öffentlichen Äußerungen von Hellriegel, Kunze, Berndt und Schulz. Er selbst sei für den Groitzscher Bürgermeister Kunze stellvertretendes Mitglied im Regionalen Begleitausschuss (RBA). Das ist jene Institution, die im ersten Schritt Strukturwandelprojekte bewertet und als förderwürdig oder nicht einstuft. In dieser Position, sagt Zetzsche, „bin ich ja durchaus nah am Prozess und kenne die genannten Probleme nur zu gut“. Er könne auch nachvollziehen, dass sich vier Kommunen gefunden haben, „die durch den noch aktiven Tagebau beziehungsweise durch den Energie- und Industriestandort Böhlen/Lippendorf als unmittelbar betroffen gelten können“. Er verstehe aber nicht, wird das Stadtoberhaupt deutlich, „warum Regis-Breitingen nicht zumindest gefragt worden ist, ob wir uns auch beteiligen wollen“. Zumal er mit der einstigen Ortschaft Heuersdorf, die früher zu Regis-Breitingen gehört hatte, einen Grund sieht, die Pleißestadt mit in die Reihe der unmittelbar Betroffenen zu stellen. Heuersdorf gehörte zu Regis-Breitingen: Heuersdorf wurde ab 2007 ausgesiedelt und „verschwand“ danach im Tagebau. Ehemalige Einwohner leben heute unter anderem in Regis-Breitingen. Schon nach den ersten Berichten der LVZ über die Kooperation der vier Kommunen sei Jörg Zetzsche von früheren Heuersdorfern angesprochen worden. Denn der Ort sei der wahrscheinlich letzte in der Region gewesen, der dem Tagebau weichen musste. „Und mit ihm die Heimat von Menschen, die nun ein weiteres Mal das Gefühl haben, keine Rolle zu spielen“, befürchtet der Bürgermeister. Er betont: „Vor diesem Hintergrund wäre es ein Zeichen gewesen, sich der Geschichte des noch aktiven Bergbaus bewusst zu sein, um mit Regis-Breitingen das Gespräch zu suchen, ob wir uns beteiligen möchten.“ Den einstigen Heuersdorfern versichert Zetzsche, dass es nicht am Desinteresse der Stadt regis-Breitingen gelegen habe, „dass wir hier keine Beachtung finden sollen“. Für ihn habe die Sache „ein gewisses Geschmäckle“. Und er hoffe nicht, „dass persönliche Befindlichkeiten zum Kriterium werden, wie sich die Region nach außen positioniert“. Regis stand nicht auf der Einladungsliste: Damit spielt Zetzsche offenbar auf zunehmende Verwerfungen zwischen seiner Stadt und Nachbar Neukieritzsch in letzter Zeit an. Die Gemeinde hatte als erste der vier Kommunen zunächst für sich allein nach der vom Gesetz eingeräumten Möglichkeit gegriffen, im Zuge des Strukturwandels auch Fördermittel für Planungen und Projektentwicklungen in Anspruch nehmen zu können. Einen dafür erforderlichen sogenannten „Stark“-Antrag (nach einem speziellen Förderprogramm) stellten später auch Groitzsch, Böhlen und Zwenkau. Auf Druck der Förderstellen fanden sie sich dann zusammen, sodass ein Vierergespann entstand. Dass Regis nicht mit dazukam, führt Neukieritzscher Bürgermeister Thomas Hellriegel darauf zurück, das Regis-Breitingen keine „Stark“-Mittel beantragt hatte und deshalb auch nicht auf der Einladungsliste des Landratsamtes für ein Abstimmungstreffen mehrerer Kommunen aus dem Landkreis im August gestanden hatte. Versöhnlich reagierte der Groitzscher Stadtchef auf die Vorwürfe aus der Pleißestadt. „Wenn die Gesellschaft gegründet ist, besteht jederzeit die Möglichkeit, noch Partner aufzunehmen“, sagt Maik Kunze der LVZ. Lesen Sie auch: Vier Bürgermeister vereinbaren Kooperation Kohle-Kommunen wollen stärker wahrgenommen werden Erinnerungen an Heuersdorf werden bewahrt Von André Neumann