friendica (DFRN) - Link zum Originalbeitrag

Warum Sachsens Corona-Todesrate bundesweit am höchsten ist


Die Pandemie fordert weiter ihre Opfer – vor allem in Sachsen. In der vierten Welle sind im Freistaat bislang 3500 Covid-19-Patienten gestorben. Obgleich die Betroffenen meist 60 Jahre und älter sind, lassen sich Gründe für Sachsens bittere Spitzenposition nicht nur in der Altersstruktur finden.
Die Corona-Pandemie hat in Sachsen so häufig Todesopfer gefordert wie in keiner anderen Region der Republik. Bis zum Montag waren laut Sozialministerium schon mindestens 13.447 Sächsinnen und Sachsen an den Folgen ihrer Covid-19-Erkrankung gestorben. Entsprechend der Bevölkerungszahl sind das doppelt bis dreimal mehr als in nahezu allen andern Bundesländern. Lediglich in Sachsen-Anhalt und Thüringen gibt es innerhalb der Bevölkerung annähernd so hohe Verluste, wenn auch mit Abstand zu Sachsen. Dabei zeigen sich regional erhebliche Unterschiede: In den Kreisen Görlitz (1445) und Sächsische Schweiz (1285) starben nicht nur insgesamt mehr Menschen durch das Virus als in Leipzig (692). Pro Kopf liegt die Corona-Todesrate in Ost- und Südsachsen sogar fünfmal höher als in der deutlich bevölkerungsreicheren Metropole. In Westsachsen war sie viermal höher als in Leipzig und Umgebung. Allein 3500 Covid-19-Verstorbene seit September 2021: Die meisten Familien mussten ihre betroffenen Angehörigen bereits infolge der Corona-Welle im Herbst/Winter 2020 betrauern. Aber auch mit der Delta-Ausbreitung zuletzt starben noch einmal 3500 Menschen – ohne dass ein Ende bisher abzusehen ist. Die Prognosen der Epidemiologen gingen von noch mehr Opfern aus, sollte die Landesregierung nicht reagieren. Das tat sie Mitte November mit dem verschärften „Wellenbrecher“, der das Infektionsgeschehen tatsächlich abbremsen konnte. Trotzdem geht auch jetzt ein Drittel der täglichen Corona-Todesmeldungen aus Deutschland immer noch allein auf das Konto Sachsens. In der Regel sind es vor allem die Älteren, die den Kampf gegen Covid-19 verlieren. Insgesamt „nur“ etwa 500 der knapp 13.500 bisherigen sächsischen Virus-Opfer waren jünger als 60 Jahre alt. Es trifft dabei häufiger Männer als Frauen – obwohl letztere in den höheren Altersgruppen eigentlich die Mehrheit bilden. „In der Regel sind die Betroffenen in den höheren Altersjahrgängen, gar nicht oder unzureichend geimpft und weisen Vorerkrankungen auf. Nur sehr selten sterben junge Menschen an Covid-19, aber auch diese tragischen Fälle hatten wir bei uns“, erklärte Professor Christoph Lübbert vom Klinikum St. Georg in Leipzig. In der sächsischen Altersstruktur lässt sich auch ein Grund für die hohe Sterblichkeit finden: „Wir sind das zweitälteste Bundesland Deutschlands. Eine Million der vier Millionen Einwohner sind über 65 Jahre alt. Damit haben wir eine hohe Dichte an Altersheimen, insgesamt 1000“, hatte Sozialministerin Petra Köpping (SPD) bereits vor gut einem Jahr erkannt. Damals konnte sich das Virus noch fast ungehindert in Deutschland verbreiten, waren auch andere Regionen schwer betroffen. Nicht nur aus Sachsen, sondern auch aus dem Westen, Norden und Süden gingen Bilder von sich stapelnden Särgen um die Welt. Im Frühjahr waren die Hotspots im benachbarten Tschechien und erst zu spät geschlossene Grenzen dann einer von mehreren Gründen für hohe Opferzahlen in Sachsen. Sächsische Impfquote lässt Lücken für Delta und Omikron: Allein mit Altersquote und Nähe zu Anrainerstaaten lässt sich das Geschehen in den vergangenen Monaten allerdings nicht erklären. Während die meisten Bundesländer vergleichsweise glimpflich durch die „Delta“-Welle kamen, führten die zeitweise extremen Infektionszahlen in Sachsen zum Zusammenbruch der Kontaktverfolgung und zu 34 Nottransporten aus den überlasteten sächsischen Kliniken nach Nord- und Westdeutschland. So flächendeckend gab es dies trotz einiger Spitzen auch in Sachsen-Anhalt und Thüringen nicht. Gründe für die hohen Todeszahlen zuletzt lassen sich einerseits in fehlender Achtsamkeit und im Widerstand gegen die Schutzmaßnahmen – vor allem aber in Sachsens niedriger Impfquote finden. Die hängt auch bei den Seniorinnen und Senioren hinter allen anderen zurück: 81 Prozent der 60-Jährigen und älter sind hier erst doppelt geimpft (Bund: 87 Prozent). 54 Prozent der Altersgruppe konnten bisher in Sachsen geboostert werden (Bund: 66 Prozent). Eine Corona-Impfung hilft zwar nicht mehr so gut gegen Infektionen mit den Varianten, bietet aber noch immer einen starken Schutz gegen schwere Covid-19-Erkrankungen und Todesfolge. Sollte sich die neue Omikron-Mutation nur annähernd so stark ausbreiten, wie es die Prognosen auch für Sachsen voraussehen, werden gerade auch hier wieder überdurchschnittlich viele Seniorinnen und Senioren in Gefahr geraten – und auch die Todeszahlen voraussichtlich wieder steigen. „Die Sterblichkeit auf der Intensivstation liegt trotz aller Therapieoptimierung immer noch bei circa 30 Prozent, bei schweren Vorerkrankungen sogar darüber“, so der Leipziger Infektiologe Lübbert. Weitere Fakten aus Sachsen: www.lvz.de/fakten Von Matthias Puppe

teilten dies erneut