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Zwenkauer Familie über ihre Erfahrungen mit Aufnahme ukrainischer Geflüchteter


Die Flüchtlingswelle aus der Ukraine hat die Stadt Zwenkau erreicht. Einige Familien haben bereits Geflüchtete aufgenommen, andere wollen das noch tun. Aber was kommt da - außer der Bereitstellung eines Obdachs - eigentlich auf die Gastgeber zu? Familie Zenker hat erste Erfahrungen gemacht.
Durch Zwenkau geht eine ungebrochene Welle der Solidarität mit der Ukraine. Inzwischen kommt diese Anteilnahme allerdings nicht mehr allein durch Spenden von Hilfsgütern zum Ausdruck, die im Kulturkino abgegeben werden. In der Stadt am See sind bereits die ersten Geflüchteten aus der Ukraine angekommen und von Zwenkauer Familien aufgenommen worden. Weil diese Situation für alle Beteiligten neu ist, gibt es allerdings auch keine Erfahrungswerte. „Deshalb ist es wichtig, darüber zu reden, damit die Gastgeber wissen, was auf sie zukommt“, ist Stephan Zenker überzeugt. Denn allein der Wille zu helfen werde nicht immer ausreichend sein, befürchtet er. Verwandtschaftlich verbunden: Der 30-Jährige weiß, wovon er spricht. Mit seiner Frau und zwei Kindern lebt er auf 80 Quadratmetern in einer Zwenkauer Mietwohnung. Normalerweise. Seit dem 28. Februar ist das anders. Die Zenkers haben Familie Ostrovski aus Ivano-Frankivst, einem Ort rund 130 Kilometer südlich von Lemberg, bei sich aufgenommen. Mit Vater Serhij und Mutter Ivanna sind auch die beiden Kinder Antonina und Kostja in Zwenkau angekommen. Glück im Unglück: Beide Familien verbindet ein verwandtschaftliches Verhältnis. Ivanna Ostrovski ist die Schwester von Zenkers Ehefrau Yevheniia, die er 2012 bei der Fußball-Europameisterschaft in der Ukraine kennengelernt und bald darauf geheiratet hat. „Ich weiß nicht, ob ich eine vierköpfige fremde Familie aufgenommen hätte“, räumt Zenker mit Blick auf die nunmehr acht Personen ein, die sich jetzt den Platz in der Wohnung teilen. Unterstützung weit über Wohnung hinaus erforderlich: Es gehe nicht nur um den Wohnraum und damit verbundene Einschränkungen. „Man übernimmt in jeder Hinsicht viel Verantwortung und es muss einem klar sein, dass man ihr auch über einen längeren Zeitraum gerecht werden muss“, erläutert er. Das betreffe nicht nur Fragen der Verpflegung, sondern auch der Unterstützung bei den Behördengängen, dem Ausfüllen von Anträgen, der Anmeldung beispielsweise im Gesundheitssystem und letztendlich auch bei der Integration. „Da geht viel Zeit drauf“, hat Zenker festgestellt. Wer sie hat und sie zu investieren bereit ist, werde aber wunderbarer Erfahrungen machen, strahlt er und und blickt dabei auf den achtjährigen Kostja. Fußball beim VfB Zwenkau: Der Junge hat schon zweimal am Fußball-Training beim VfB Zwenkau teilgenommen und dort erste Kontakte geknüpft. Seine zwölfjährige Schwester Antonina lernt derweil das Zwenkauer Gymnasium kennen: Schnupper-Unterricht in Klasse 7 b. „Auch das muss alles organisiert werden“, gibt Stephan Zenker zu bedenken. Die Kinder kennen die Wege noch nicht, sind unsicher in der fremden Umgebung. Deshalb bringe er Kostja nicht nur zum Training ins Stadion, sondern bleibe währenddessen auch dort. Vorsicht vor Sirenen: Ein Sicherheitsgefühl sei vor allem für die geflüchteten Kinder wichtig. „Ihre Erfahrungen haben sie noch nicht verarbeitet“, führt Zenker anhand eines Beispiels an. „Als in Zwenkau die Sirenen zum wöchentlichen Probealarm aufheulten, waren sie völlig verängstigt.“ Nicht nur räumlich und zeitlich müsse man sich umstellen, wenn man auf diese Weise helfen will, sondern auch viel Einfühlungsvermögen aufbringen. Die Zenkers haben sich dieser Herausforderung gestellt, ebenso wie viele andere Zwenkauer Familien, für die es in den kommenden Wochen auch darauf ankommen wird, ihre Erfahrungen untereinander auszutauschen. Von Rainer Küster

Andreas vom Zwenkauer See hat dies geteilt.