Afrikanische Schweinepest rückt näher: „Das ist keine abstrakte Gefahr mehr“
Die Afrikanische Schweinepest rückt näher. Wie ein Experte der Tierseuchenbekämpfung im Landkreis Leipzig die Lage einschätzt und wie sich ein Schweinemastbetrieb mit 5000 Tieren gegen die Seuche schützt:
Vor der Afrikanischen Schweinepest (ASP) wird seit langem gewarnt. Bislang blieb die hiesige Region zwar verschont, „aber die Situation ist ernster geworden“, sagt Norman Ständer, Sachgebietsleiter Tierseuchenbekämpfung im Landkreis Leipzig. „Wir sind stark beunruhigt. Das ist keine abstrakte Gefahr mehr.“ Mehr als 180 ASP-Fälle bei Wildschweinen gab es bereits in Sachsen, aktuell ist der Raum Görlitz betroffen. Das Problem sei, dass die Infektionen nicht punktuell, sondern in großen Gebieten auftreten. Damit verbreite sich das Virus schneller. Es gibt einen „hohen Infektionsdruck aus dem Osten“. Kein Schweine-Transport in Sperrzonen: Diese Krankheit ist für den Menschen nicht gefährlich, kann aber die Hausschweine-Produktion extrem gefährden. Grund: Wenn ein infiziertes Wildschwein gefunden und deshalb eine Sperrzone eingerichtet wird, dürfen die landwirtschaftlichen Unternehmen in dieser Region keine Tiere mehr transportieren. Hausschweine werden jedoch in Deutschland viel bewegt, wie der Fachtierarzt für Öffentliches Veterinärwesen erklärt. Es gebe häufig eine „arbeitsteilige Schweineproduktion“, nach der Buchten, Tränken und Futterautomaten ausgelegt sind. Das heißt: Zehn Wochen alte Ferkel werden in einen Betrieb zur Vormast und in einen weiteren zur Endmast gefahren, bevor sie zum Schlachthof kommen. Wenn der Transport wegen der Afrikanischen Pest vor Ort verboten wird, liegt der Betrieb komplett lahm, so Ständer. Mais in Sperrzone darf nicht geerntet werden: Das könne sogar die Feldwirtschaft betreffen. Liegt ein Maisfeld in der gesperrten Zone, dürfe dort vorerst nicht geerntet werden. Denn dies würde die Wildschweine vertreiben, die sich im Feld verstecken. Ziel der Sperrgebiete sei, alle Tiere dort zu erlegen. Deshalb sollten die eventuell kranken Schweine nicht verscheucht werden. Die ASP überträgt sich auf zwei Wegen. Entweder von Tier zu Tier oder über kontaminierte Nahrungsmittel, zum Beispiel wenn Brot mit infektiöser Wurst auf einer Autobahn-Raststätte weggeworfen – und später von einem Wildschwein gefressen wird. 2800 Proben im Landkreis untersucht: Die hiesige Landkreisverwaltung ist seit langem wegen der ASP in intensivem Gespräch mit Jägern, Förstern und Landwirten. Es gebe ein Monitoring, um Wildschweine besser zu beobachten und möglichst frühzeitig Krankheitsfälle zu erkennen. Bislang wurden 2800 Proben von Schwarzkitteln auf Pesterreger untersucht, sagt der Tierarzt der Behörde. Es gehe darum wachsam zu sein und möglichst viele Menschen dafür zu sensibilisieren. Ihm sei klar, dass in Corona-Zeiten sich die Leute nur wenig für Tierseuchen interessieren, doch bei dieser Schweinepest handele es sich um eine „langwierige Bekämpfung“. Wichtig für Otto Normalverbraucher sei, keine Nahrungsmittel in den Wald zu werfen. Außerdem sollte die Leitstelle der Feuerwehr verständigt werden, wenn jemand ein totes Wildschwein findet. Viel Hygiene in Zwenkauer Betrieb mit 5000 Tieren: Mehr als wachsam ist Kristin Heinichen, Geschäftsführerin der Agrarproduktion „Elsteraue“ GmbH & Co. KG in Zwenkau. Ihr Betrieb mit 15 Mitarbeitern hat eine Schweinemastanlage mit 5000 Stallplätzen. „Wir müssen die Lage ernst nehmen“, sagt die Chefin. Es gelten strikte Hygienevorschriften. Mitarbeiter wechseln die Kleidung, wenn sie in den Stall gehen. Fahrzeuge, die aufs Gelände fahren, werden desinfiziert. Es habe schon „hässliche Fälle“ gegeben: Außerhalb von Deutschland zum Beispiel hat ein Mitarbeiter ein Wurstbrot im Schweine-Stall gegessen. Ihm ist ein Stück davon runtergefallen, ein Hausschwein hat es gefressen. Doch die Wurst stammte von einem Tier, das die ASP hatte. Damit war das Virus im Betrieb. Eine Keulung des gesamten Bestandes wäre hierzulande die Folge. Übungen für den zu Ernstfall: In die Zwenkauer Anlage kommen die Schweine mit einem Gewicht von je 25 bis 30 Kilogramm. „Wir haben das große Glück, dass unsere Tiere von einem Betrieb stammen, der nur eine halbe Stunde entfernt ist“, sagt Heinichen. Würde dieses landwirtschaftliche Unternehmen bei Görlitz liegen oder in Brandenburg, wo es bereits knapp tausend Pestfälle gibt, wäre das aktuell schwierig. Weil das Unternehmen mit zu den größten Schweinemastbetrieben in der Region zählt, wurde hier bereits 2018 mit einer groß angelegten Übung der Ernstfall zur Afrikanischen Schweinepest geprobt. Ende 2019 fand dazu auch eine Übung mit hundert Akteure im Thümmlitzwald bei Grimma statt. – Im Juni 2007 wurden die ersten Fälle der Afrikanischen Schweinepest (ASP) aus Georgien gemeldet. Die Tierseuche breitete sich von dort westlich aus. Im Juni 2018 wurden die ersten Fälle in der Tschechei gemeldet. – Die ASP ist eine fieberhafte, hoch ansteckende Erkrankung für Haus- und Wildschweine und verläuft fast immer tödlich. Eine Ansteckungsgefahr für den Menschen besteht nicht. Selbst der Verzehr von infiziertem Schweinefleisch soll kein gesundheitliches Risiko darstellen. – Durch Personen- und Fahrzeugverkehr aus betroffenen Gebieten ist eine Einschleppung der Seuche nach Deutschland möglich. Besonderes Augenmerk sei auf mitgebrachte Nahrungsmittel und auch Speisereste zu legen, die unter keinen Umständen an Haus- oder Wildschweine verfüttert werden dürfen, sondern sicher entsorgt werden müssen. – Die ASP wurde erstmals 1921 in Kenia beschrieben und ist in Afrika südlich der Sahara weit verbreitet. In Europa wurden sporadische Ausbrüche berichtet – zum Beispiel 1974 in Frankreich, 1985 in Belgien, 1994 in Spanien – die alle erfolgreich bekämpft werden konnten, informierte das Niedersächsische Landesamt für Verbraucherschutz. 1978 sei die Tierseuche nach Sardinien (Italien) eingeschleppt und bis heute nicht getilgt worden. Von Claudia Carell
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